Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes belastet vor allem die Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung

Der Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums für ein Finanzstabilisierungsgesetz der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) enthält zwar einige gesundheitspolitische Maßnahmen und Initiativen, mit denen die Einnahmen gestärkt und bei den Ausgaben weitere Finanzreserven gehoben werden. Die aufgezeigten Maßnahmen sind aber weder ausreichend noch nachhaltig und sie belasten zu 76 Prozent einseitig die Beitragszahlenden. Mit diesem Maßnahmenpaket kann die Finanzlücke in der gesetzlichen Krankenversicherung mittel- und langfristig nicht geschlossen werden. Darüber hinaus wird mit dem Gesetzentwurf auch kurzfristig für 2023 keine gesicherte Finanzperspektive gegeben. Außerdem werden die Entscheidungskompetenzen im Rahmen der Haushaltsautonomie unzulässig beschnitten und die finanzielle Stabilität der Krankenkassen gefährdet.

Völlig unzureichende Erhöhung des Bundeszuschusses

In den Eckpunkten des Gesetzes vermisst die AOK Nordost die zugesagte Dynamisierung des Bundeszuschusses. Dessen Erhöhung um lediglich zwei Milliarden Euro zuzüglich einer Milliarde Euro Darlehen ist für eine notwendige Stabilisierung der GKV-Finanzierung völlig unzureichend. Darüber hinaus sorgt das fast vollständige Abschmelzen der Rücklagen der Krankenkassen und der Abbau der Liquiditätsreserve im Gesundheitsfonds für weitere Instabilität.

Zusätzliche Ausgaben nicht berücksichtigt

Die zugrundeliegende Prognose zur Füllung eines GKV-Defizits von 17 Milliarden Euro im Jahr 2023 ist lückenhaft. So wurden die gesundheitspolitischen Vorhaben des Koalitionsvertrages ebenso wenig eingepreist wie aktuelle konjunkturelle und arbeitsmarktpolitische Probleme, Preissteigerungen und Inflationseffekte. In der Ausgabenplanung fehlen zusätzliche Ausgabeneffekte, die vor allem durch die Einführung der Personalbemessung PPR 2.0 in Höhe von fast 6 Milliarden Euro und durch die Übernahme der Behandlungspflege durch die GKV in Höhe von 3 Milliarden Euro entstehen.

Sinnvolle Sparmaßnahmen

Die geplanten Einsparmaßnahmen in Höhe von knapp 1,8 Milliarden Euro in den Jahren 2023 und 2024 erscheinen sinnvoll, werden aber auf zu wenige Leistungserbringer begrenzt. Sie betreffen unter anderem die Fortführung des Preismoratoriums für Arzneimittel, einen erhöhten Apothekenabschlag und die Anhebung des Herstellerrabatts für patentgeschützte Arzneimittel auf 12 Prozent, wobei dieser Rabatt nur für ein Jahr gewährt wird. Er könnte bei dauerhafter Anwendung zu einer echten Reform der Preisbildung bei Arzneimitteln beitragen. Auch die Rücknahme der gesonderten Vergütung von Arztpraxen für die Aufnahme neuer Patientinnen und Patienten sowie die klare Abgrenzung des Pflegebudgets im Krankenhaus wirken ausgabensenkend und sind sinnvoll.

Zu langsam, zu wenig

Die im Gesetzentwurf festgehaltenen Maßnahmen wirken zum Teil erst zeitverzögert und reichen nicht aus, um die Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend zu konsolidieren. Dabei könnte der Finanzbedarf der GKV auch über 2023 hinaus deutlich besser befriedigt werden, wenn für alle Leistungserbringer eine Nullrunde durchgesetzt würde in Kombination mit einer Absenkung der Mehrwertsteuer für Medikamente auf 7 Prozent und der Erhöhung des Zuschusses für ALG II-Bezieher können die Finanzierungslücke um bis zu 16 Milliarden Euro reduzieren. Weiteres Einsparpotential liegt mittelfristig vor allem in einer Reform der Krankenhausstruktur.

Insgesamt wird mit dem Gesetzentwurf ein unzureichender und nicht nachhaltiger Reformvorschlag vorgelegt, der umfassende, kurzfristige Einsparmöglichkeiten übersieht und vor allem auf dem Rücken der Beitragszahlenden ausgetragen wird.

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