Beratungszahnärztin Katja Kühler spricht im Interview über die Mundgesundheit der Kinder und welche Unterstützung Familien benötigen, damit alle Kinder eine Chance auf gesunde Zähne bekommen.
Frau Kühler, wie ist es um die Zahngesundheit der Erstklässler in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern bestellt?
Die gute Nachricht zuerst: Insgesamt hat sich die Zahngesundheit der Sechsjährigen im Vergleich von 2023 zu 2019 verbessert. Dennoch sehen wir immer noch zu viele Fälle mit hohem Reparaturbedarf bis hin zur Sanierung von kompletten Milchgebissen unter Vollnarkose. Im vergangenen Jahr hatten 2477 bei der AOK Nordost versicherte Kinder vor ihrem sechsten Geburtstag eine Behandlung unter Vollnarkose.
Macht sich hier die verbesserte Früherkennung seit 2019 bemerkbar?
Ja, das ist sicherlich ein Faktor. Wir sehen, dass vor allem im Kindergartenalter mehr Jungen und Mädchen eine Früherkennungsuntersuchung wahrnehmen. Unser Ziel ist es aber, dass sich jedes Kind mindestens einmal im Jahr zahnärztlich untersuchen lässt.
Wie kann das gelingen? In erster Linie sind die Eltern verantwortlich für das Zähneputzen und gesunde Ernährung ihrer Kinder. Welche Unterstützung gibt es für Familien?
Die Gruppenprophylaxe in den Kitas ist nach der Corona-Pandemie wieder angelaufen. Kinder werden also in der Kita einmal im Jahr zahnärztlich untersucht. Die Eltern bekommen eine Rückmeldung, wenn Behandlungsbedarf besteht. Zudem bieten die Landesarbeitsgemeinschaften zur Förderung der Jugendzahnpflege das Präventionsprogramm „Kita mit Biss“ an.
Was sind die größten Risiken für Kinder, an Karies zu erkranken?
Das Risiko, an Karies zu erkranken, unterliegt verschiedenen Faktoren. Dazu zählen beispielsweise Ernährung, Zahnpflege und zu einem geringeren Teil auch erbliche Einflüsse. Entscheidend ist gerade auch im Baby- und Kleinkindalter, wie lange und wie oft ein Kind eine mit Fruchtsäften oder Milch gefüllte Nuckelflasche bekommt. Wenn dazu noch die Milchzähne unregelmäßig und mangelhaft gepflegt werden, dann wird es kritisch.
Was würde helfen, allen Kindern dieselbe Chance auf gesündere Zähne zu ermöglichen?
Die Möglichkeiten, die ich bereits genannt habe, sind ein Schritt in die richtige Richtung. An einzelnen Punkten kann die Unterstützung noch besser werden, zum Beispiel durch verpflichtendes Zähneputzen in den Kitas. Die bisherigen Lösungen sind aus Sicht der AOK noch ausbaufähig. Sie werden oder können noch nicht von allen Kitas umgesetzt werden, weil zum Beispiel nicht genügend Waschbecken in den Sanitärräumen vorhanden sind.
Wo wünschen Sie sich noch Verbesserungen?
Auch Kinderärzte sollten bei Vorsorgeuntersuchungen einen Blick in die Mundhöhle werfen und auf die Vorsorgeuntersuchung beim Zahnarzt hinweisen. Die Vernetzung zwischen Kinder- und Zahnarztpraxen sollte weiter verbessert werden. Wir begrüßen sehr, dass künftig im Untersuchungsheft vermerkt werden soll, ob ein Kind eine Früherkennungsuntersuchung beim Zahnarzt wahrgenommen hat. Wenn beispielsweise die Kinderärztin bei einer Gesundheitsuntersuchung zwischen der U5 und der U9 sieht, dass das Kind noch nicht beim Zahnarzt gewesen ist, kann sie die Eltern künftig gezielter ansprechen und empfehlen, diese Untersuchung wahrzunehmen. Auch Frauenärztinnen und Hebammen leisten einen wichtigen Beitrag, indem sie junge Mütter zur Mundgesundheit aufklären. Das ist besonders wichtig, da bei Kleinkindern die sogenannte Nuckelflaschenkaries auffällig ist und viele Zahnfehlstellungen durch Dauernuckeln verursacht werden.
Was unternimmt die AOK Nordost, um auf die Bedeutung von Zahngesundheit aufmerksam zu machen?
Bislang haben wir zu zum „Tag der Zahngesundheit“ oder zum „Ich liebe meinen Zahnarzt“-Tag an ausgewählten Schulen spezielle Aktionstage organisiert. Wir bringen den Kindern an der Grundschule spielerisch etwas über das Zähneputzen bei und wollen bei ihnen die Freude am Zähneputzen wecken. Perspektivisch werden wir das Thema gesunde Kinderzähne auch mit unseren Präventionsangeboten für Grundschüler verbinden. So wird es ab diesem Schuljahr in den Bio-Brotboxen Informationen zur Zahngesundheit geben. Außerdem planen wir eine Verknüpfung des Themas mit der „GemüseAckerdemie“ und dem Grundschul-Theaterstück „Henrietta“.
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