„Die Eigenanteile der Pflegebedürftigen dürfen auf keinen Fall steigen“

Mindest- und Tariflohn – in die Bezahlung bei der Pflege kommt Bewegung. Das begrüßt Knut Lambertin, Vertreter der Versicherten und alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates der AOK Nordost.

Herr Lambertin, warum nimmt die Bezahlung der Pflegekräfte, etwa mit der beschlossenen Anhebung des Mindestlohns, erst jetzt richtig Fahrt auf?

Knut Lambertin: Das hat mit den verschiedenen Besitzerinnen und Besitzern der Pflegeeinrichtungen zu tun, woraus zögerliches politisches Handeln folgt. Ab 1. September sind nur noch Einrichtungen zur Abrechnung mit den Kassen zugelassen, die ihr Personal nach Tarif oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in dem jeweiligen Bundesland bezahlen. Dieser Schritt ist überfällig.

Knut Lambertin

Der Pflegemindestlohn soll auf rund 14 Euro für ungelernte Kräfte und auf 17/18 Euro für Fachkräfte steigen. Geht das in Ordnung?

Lambertin: Ich weiß nicht, ob derartige Beträge ausreichen. Es geht um die Arbeit mit und am Menschen sowie um qualitativ hochwertige Pflege. Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt rasant. Wenn der Markt weiterhin nicht genügend Pflegekräfte mobilisiert, also versagt, muss hier mehr getan werden.

Müssen Pflegebedürftige wegen der höheren Löhne mehr zahlen?

Lambertin: Auf keinen Fall dürfen die Eigenanteile pflegebedürftiger Menschen steigen. Sinnvoll erscheint mir eine jährliche Dynamisierung der Pflegeleistungen, die sich an den Bruttolohnzuwächsen und an den Automatismus der Rentenversorgung anlehnt. Wir brauchen zudem einen Bundeszuschuss für versicherungsfremde Leistungen. Der Staat darf die Mitglieder und Familienversicherten der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen keinesfalls alleine lassen.

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Das Interview hat G+G-Redakteur Thorsten Severin geführt. Es ist in der Rubrik „Selbstverwaltung im Gespräch“ bei G+G erschienen und wird hier in identischer Fassung wiedergegeben.

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