Die Bundesregierung muss bei der Finanzlücke endlich handeln

Knut Lambertin fordert als Vertreter der Versicherten und alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates der AOK Nordost vom Bund, endlich einen kostendeckenden Finanzierungsplan für das Gesundheitswesen vorzulegen.

Knut Lambertin, alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates der AOK Nordost

Mit dem neuen Jahr wird der Gesundheitsfonds 14 Jahre alt. Ein guter Bekannter beschrieb ihn einmal als eine „Geldsammelstelle“, von der aus die Beiträge der Krankenkassenmitglieder neu und sozial gerecht verteilt werden sollten – soweit die Theorie. In der Praxis reichen auch für 2023 die eingezahlten Beträge nicht aus. Unsere Mitglieder interessiert es daher, warum die Krankenkassenbeiträge höher werden. Steigen sie „nur“ absolut, liegt es am Lohnzuwachs. Steigen sie hingegen prozentual, liegt es zumeist an der Politik. Denn 90 Prozent der Ausgaben werden durch reglementierende Gesetzgebungen verursacht, die jeweils im Bundestag beschlossen werden.

Allerdings: Aus den Beiträgen finanziert die AOK Nordost beispielsweise auch das Gesundheitskonto. Damit können unsere Versicherten für individuell wählbare Leistungen und vorbeugende Angebote wie eine professionelle Zahnreinigung oder einen Schwimmkurs einen finanziellen Zuschuss erhalten. Das ist keine gesetzlich vorgeschriebene Leistung.

Doch zurück zur Gesundheitspolitik. Gerne verweist der amtierende Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach bei unpopulären Maßnahmen auf die Vorgängerregierung. Auch beim Gesundheitsfonds: Die Ausgaben der Krankenkassen werden in diesem Jahr laut Schätzerkreis erstmals bei hohen 300 Milliarden Euro liegen. Die prognostizierten Einnahmen aus Beiträgen und steuerfinanziertem Staatszuschuss betragen aber lediglich 274 Milliarden Euro. Es klafft eine erhebliche Milliardenlücke. Doch statt dieses Problem aktiv anzugehen, führt die amtierende Bundesregierung ein neues Gesetz ein, welches zum einen auffordert, die Beiträge zu erhöhen. Zum anderen sollen die Krankenkassen ihre Rücklagen abschmelzen, die aus den Beiträgen gebildet worden sind. Diese waren allerdings allein für Notzeiten gedacht.

Es braucht einen Kurswechsel

Vergangenes Jahr war der Gaspreisdeckel – in Zeiten knapper Energiereserven – in aller Munde. Bei knappen Geldreserven jedoch sucht man nach einem „Beitragssatzdeckel“ bisher vergeblich. Eine weitere Abschmelzung der Krankenkassenreserven halten wir für nicht zielführend. Schließlich haben die Rücklagen in der Vergangenheit eine stabile Finanzplanung überhaupt erst möglich gemacht. Es gibt weiteren Grund zur Kritik: Vom Bund bekamen die Krankenkassen den Auftrag, die Finanzierung der medizinische Versorgung unserer ALG II-Beziehenden zu übernehmen, erhalten im Gegenzug dafür aber deutlich zu wenig Mittel.
Es reicht, Herr Lauterbach! Der Verwaltungsrat als Gremium der sozialen Selbstverwaltung der AOK Nordost fordert eine Finanzpolitik mit Augenmaß. Aus unserer Sicht ist es unerlässlich, dass Sie sich zeitnah mit allen Beteiligten zusammen an einen Tisch setzen. Gemeinsam mit Kassenvertretern, Ärzten und Pflegeeinrichtungen müssen faire und soziale Lösungen gefunden werden, wie die steigenden Kosten begrenzt werden können und gleichzeitig die Behandlungsqualität steigen kann. Der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung hatte uns eine kostendeckende Finanzierung der Beiträge durch den Staat versprochen. Bisher wird dieses Versprechen in keiner Weise eingelöst.

Dieser Beitrag ist auch in der gedruckten Ausgabe des AOK-Gesundheitsmagazins 01/23 erschienen.

Leave a reply:

Your email address will not be published.