Brustkrebs-Screening: höheres Anspruchsalter, niedrige Teilnahmequoten

Das Mammographie-Screening wird ausgeweitet. Ab Juli 2024 können auch Frauen im Alter zwischen 70 und 75 Jahren alle zwei Jahre an dieser Früherkennung von Brustkrebs teilnehmen. Bisher lag das Anspruchsalter zwischen 50 und 69 Jahren. Perspektivisch sollen Frauen schon ab 45 Jahren vom Mammographie-Screening profitieren. Eine entsprechende Empfehlung wird derzeit vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erarbeitet. Familiär vorbelastete Frauen können darüber hinaus am Vertrag Brust- und Eierstockkrebs der AOK Nordost teilnehmen. Ergänzend kann ab dem 30. Lebensjahr einmal jährlich eine Tastuntersuchung der Brust bei einer Frauenärztin oder einem Frauenarzt in Anspruch genommen werden.  

Quelle: Kooperationsgemeinschaft Mammographie

Gute Heilungschancen durch Screening 

Laut der Kooperationsgemeinschaft Mammographie werden jährlich rund 17.000 Karzinome entdeckt, von denen 13.000 invasiv, also bösartig sind. Über zwei Drittel dieser bösartigen Tumore befinden sich in einem Stadium, bei dem gute Heilungschancen bestehen. Auch sogenannte Brustkrebsvorstufen, die nicht zu ertasten sind, können beim Mammographie-Screening entdeckt und damit die Behandlungschancen erhöht werden. (Grafik zum Ablauf der Untersuchung)

Brustkrebs steht bei Frauen mit deutlichem Abstand an erster Stelle der Krebsneuerkrankungen. Die Gesundheitskasse begrüßt deshalb die Entscheidung des G-BA, die Altersspanne auszuweiten: „Zahlen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK zeigen, dass es bei Frauen im Alter zwischen 70 und 75 noch einmal zu einem deutlichen Anstieg bei der Krankheitshäufigkeit kommt“, so die onkologische Beratungsärztin der AOK Nordost, Dr. Maria Albota.

Teilnahmequote zu niedrig 

Trotz der positiven Effekte des Mammographie-Screenings bleibt die Zahl der Teilnehmerinnen immer noch weit hinter den Erwartungen zurück. „Zur Einführung des Mammographie-Screenings rechnete man mit einer Teilnehmerinnenquote von über 70 Prozent. In den AOK-Regionen liegt die Quote insgesamt bei 50 bis 60 Prozent, stellenweise sogar unter 50 Prozent. Das ist viel zu niedrig”, mahnt Dr. Albota. „Das könnte auch an den Vorbehalten liegen, die es leider nach wie vor gegen das Mammographie-Screening gibt.“  

Nutzen und Risiko abwägen 

Hauptkritikpunkte seien die Strahlenbelastung sowie die sogenannte Überdiagnose – das Erkennen von gutartigen Tumoren oder Krebsvorstufen, die ohne das Screening gar nicht auffällig geworden wären. Was die Strahlenbelastung anginge, so entspreche diese in etwa einem Langstreckenflug. „Die von einer Überdiagnose betroffenen Frauen werden damit einer belastenden Situation ausgesetzt, die sie andernfalls nicht hätten durchmachen müssen“, so Dr. Albota. Hier müsse jede Frau für sich Nutzen und Risiko abwägen. „Das Mammographie-Screening ist freiwillig. Wichtig ist, dass die Frauen gut über die Vor- und Nachteile informiert werden. Daher erhalten sie mit jeder Einladung auch eine Patienteninformation, die sie über die Chancen und Risiken aufklärt.“

Die anspruchsberechtigten Frauen werden alle zwei Jahre von den zentralen Stellen zum Mammographie-Screening eingeladen. Für die jetzt neu anspruchsberechtigten 70- bis 75-Jährigen wird es in der Übergangsphase zunächst keine Einladung geben. Laut dem Gemeinsamen Bundesausschuss haben durch die Ausweitung zusätzlich 2,5 Millionen Frauen Anspruch auf die Früherkennungsuntersuchung. Damit auch diese automatisch eine Einladung mit Terminvorschlag in einer wohnortnahen Screening-Einheit erhalten können, sind umfangreiche Vorbereitungen und Anpassungen des derzeitigen Angebots nötig. Übergangsweise können sich die betreffenden Frauen aber ab 1. Juli selbst zu einem Untersuchungstermin anmelden:

Mammographie-Screening Programm

Quelle: Gesundheitsatlas Deutschland des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) 

Spezielle Versorgung von Risikopatientinnen

Wie die Zahlen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK zeigen, tritt Brustkrebs bereits in jüngeren Jahren auf. Besonders dann, wenn aufgrund einer Gen-Mutation ein familiäres Risiko vorliegt. Mit dem behandelnden Arzt beziehungsweise der behandelnden Ärztin kann besprochen werden, ob ein solches Risiko eventuell vorhanden ist. Für Frauen, bei denen der Verdacht besteht, familiär vorbelastet zu sein, bietet die AOK Nordost die Teilnahme an einem speziellen Versorgungsprogramm zu Brust- und Eierstockkrebs an. Es bietet Versicherten die Möglichkeit, sich an die Brustzentren der Charité oder der Universität Greifswald zu wenden. Dort wird zunächst anhand eines Fragebogens ermittelt, ob sich der Verdacht auf ein erhöhtes Risiko bestätigt. Wenn dies der Fall ist, besteht für die Versicherte gemeinsam mit ihren Angehörigen die Möglichkeit zu einem Beratungsgespräch im Brustzentrum. Anschließend wird mittels einer sogenannten Gen-Sequenzierung der Verdacht bestätigt oder entkräftet.

Risikopatientinnen haben dann die Möglichkeit, einmal im Jahr an einer Früherkennungsuntersuchung im Brustzentrum teilzunehmen. Auch Verwandte ersten bis dritten Grades können diese zusätzlichen Leistungen in Anspruch nehmen. Darüber hinaus erhalten die Risikopatientinnen und ihre Angehörigen psychologische Unterstützung und Begleitung. Wenn die Spezialistinnen weitergehende Behandlungen und Operationen empfehlen, wie beispielsweise die Entfernung der Eierstöcke, können die betroffenen Frauen sich dazu eine Zweitmeinung bei einem anderen Brustzentrum einholen. „Einige der Frauen sind noch im gebärfähigen Alter und haben die Familienplanung noch nicht abgeschlossen. Diese Frauen stehen dann vor einer besonders belastenden Entscheidung“, so Dr. Albota weiter. “Das spezialisierte Beratungs- und Diagnoseangebot, die Zweitmeinung, aber auch die engmaschige Kontrolle können den Frauen mehr Sicherheit vermitteln und sie bei ihrer Entscheidung unterstützen.”  

Unterstützung und Beratung für Brustkrebspatientinnen

„Für Frauen mit einer Krebsdiagnose oder einem erhöhten Risiko, an Brust- oder Eierstockkrebs zu erkranken, ist das ein schwerer Schicksalsschlag. Sie sind extrem verunsichert und haben viele Fragen zur Behandlung, aber auch, wie es insgesamt in ihrem Leben weitergehen soll”, betont Dr. Albota. Hier sind die bundesweit eingerichteten Krebsberatungsstellen die richtigen Anlaufstellen. Betroffene Frauen und deren Angehörige können sich dort kostenfrei beraten und unterstützen lassen. Bei der AOK Nordost gibt es zudem Mitarbeitende, die speziell zu sogenannten Onkolotsen weitergebildet worden sind. Sie unterstützen Versicherte mit einer Krebserkrankung, zeigen auf, welche Hilfsangebote und Krankenkassenleistungen sie für die Bewältigung ihrer Krankheit in Anspruch nehmen können und vermitteln im Bedarfsfall auch den Kontakt zu den entsprechenden Anbietern. 

Eine wesentliche Rolle bei der Bewältigung einer Krebsdiagnose spielen auch Selbsthilfegruppen. Von den Mutmacherinnen in Schwerin beispielsweise berichtet Susi: „Wir wollen gern anderen Frauen Mut machen, untereinander Erfahrungen austauschen und die Menschen miteinander verbinden.“ Gemeinsam mit Anka und Kati hat Susi Anfang 2023 die örtliche Selbsthilfegruppe gegründet, die sich vor allem an jüngere Frauen mit Brustkrebs richtet. Im Interview erzählen die drei Frauen, wie Selbsthilfe nach einer Krebsdiagnose die Lebensqualität verbessern kann und wo ihre Grenzen liegen.

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