Karies ist die häufigste chronische Erkrankung bei Kleinkindern

Der bundesweite Tag der Zahngesundheit 2023 am 25. September steht unter dem Motto „Gesund beginnt im Mund – für alle!“. Angesichts aktueller Auswertungen der AOK Nordost kommt dem Leitgedanken des diesjährigen Aktionstages eine besondere Bedeutung zu. Dazu ein Vergleich der Zahlen aus dem Jahr 2022 mit 2019.

Um die Mund- und Zahngesundheit der Versicherten der AOK Nordost war es 2022 besser bestellt als noch 2019. Das wird am Beispiel Karies deutlich. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 150.000 Füllungen weniger eingesetzt als drei Jahre zuvor. Das entspricht einem Rückgang von 14 Prozent. Waren es 2019 noch 1.114.000 Füllungen, so verringerte sich die Anzahl im Jahr 2022 auf 963.000.

Obwohl die Zahlen der AOK Nordost bei der Zahngesundheit der Kinder und Jugendlichen insgesamt eine erfreuliche Entwicklung zeigen, gibt es beim Blick ins Detail auch Grund zur Sorge. Denn, wenn ein Gebiss behandelt werden musste, war der Schaden oftmals schon erheblich.

Ausgewählte Zahlen für Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg:

  • Rund drei Viertel aller AOK-versicherten Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren haben im Jahr 2022 einen Zahnarzt oder eine Zahnärztin besucht. Das ist ein Rückgang von drei Prozent gegenüber dem Jahr 2019. Positiv zu werten ist, dass 2022 rund acht Prozent mehr Kleinkinder im Alter bis zum vollendeten 3. Lebensjahr eine Zahnarztpraxis besucht haben als drei Jahre zuvor.
  • Weit mehr als zwei Drittel aller Kinder und Jugendlichen, die einen Zahnarzt oder eine Zahnärztin besuchten, haben auch eine Früherkennung oder Individualprophylaxe in Anspruch genommen. Im Vergleich zu 2019 stieg die Zahl der Kinder, die Vorsorgeleistungen in Anspruch nahmen, um sieben Prozent. Dies liegt nicht zuletzt an den neu eingeführten Früherkennungsuntersuchungen (siehe Infokasten).
  • Bei mehr als jedem 4. Kind unter 18 Jahren war das Gebiss behandlungsbedürftig. Der Anteil behandlungsbedürftiger Gebisse sank im Jahr 2022 gegenüber 2019 um 13 Prozent.
  • Hat ein Kind ein behandlungsbedürftiges Gebiss, dann finden sich in dem Mund im Durchschnitt 2,5 Füllungen. Dieser Wert ist nur marginal zurückgegangen.

Die Zahlen zeigen, dass die Aufklärung zur Mundgesundheit weiter in den Fokus gerückt werden muss, damit alle Kinder frühzeitig und regelmäßig einen Zahnarzt oder eine Zahnärztin besuchen. Nur so kann eine gute Zahnpflegeroutine entwickelt werden. Denn eine gute Mundhygiene und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sind neben einer zahnfreundlichen Ernährung die zentralen Bausteine in der Prävention von Zahn- und Mundkrankheiten.

Zahnärztliche Präventionsleistungen für Kinder:
>>> 0 Jahre bis zum vollendeten 3
. Lebensjahr: drei Früherkennungsuntersuchungen (FU). Dies ist erst seit 1.7.2019 gesetzliche Leistung. Die erste Früherkennungsuntersuchung gibt es im sechsten Lebensmonat des Kindes.
>>> 3 Jahre bis zum vollendeten 6. Lebensjahr: drei Früherkennungsuntersuchungen
>>> 6 Jahre bis zum vollendeten 18. Lebensjahr: zweimal jährlich Individualprophylaxe

Zum Tag der Zahngesundheit empfiehlt die AOK Nordost folgende Maßnahmen für  eine verbesserte zahnärztliche Kinderversorgung.  

  • Verpflichtendes Zähneputzen in Kindereinrichtungen: In den drei Bundesländern Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommer ist das Vorgehen unterschiedlich geregelt. Während in Berlin die Etablierung des täglichen Zähneputzens in allen Kitas und in Grundschulen 2022 in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde, enthält das Brandenburger Kindertagesstättengesetz – KitaG den Hinweis, dass die Kindertagesstätten die Erziehung in der Familie ergänzen und unterstützen sollen. Das Wort Zähneputzen ist nicht verankert. Das Kindertagesförderungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern ist zwar seit 2019 etwas konkreter, aber nicht konkret genug. Dort lautet der Passus: „Frühkindliche Bildung und Erziehung beinhaltet die Anleitung zur gesunden Lebensführung. Sie unterstützt die Entwicklung des Gesundheitsbewusstseins, insbesondere in Bezug auf hygienisches Verhalten, tägliche Zahnpflege, gesunde Ernährung und Bewegung.“ Die Einrichtungen legten diese Regel jedoch unterschiedlich aus. Manche sind der Auffassung, dass sie mit einem Ernährungstag ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen sind. Daher muss das Zähneputzen in den Tageseinrichtungen verbindlich geregelt werden.

  • Verpflichtende ärztliche U-Untersuchungen: Bayern, Hessen und Baden-Württemberg sind hier beispielgebend. Wenn die Gesundheitsuntersuchungen für Kinder verpflichtend wären, müssten alle Kleinkinder zum Kinderarzt. Der Kinderarzt kann wiederum bei Auffälligkeiten an Zähnen oder Mundschleimhaut an den Zahnarzt verweisen. Mögliche Schäden, können frühzeitig erkannt werden.

  • Vernetzung zwischen  Zahn- und  Kinderarzt ausbauen: Beide Fachrichtungen müssen sich in kritischen Fällen eng untereinander austauschen. Das ist bislang noch nicht der Fall oder geschieht nur sporadisch.

  • Kooperation zwischen Zahnärzten und Jugendämtern: Der § 73c SGB V Kooperationsvereinbarungen zum Kinder- und Jugendschutz sollte auf Zahnärzte ausgeweitet werden. Wenn Zahnärzte und Jugendämter kooperieren würden, ließe sich auch die zahnärztliche Versorgung verbessern. Insbesondere in Familien, in denen die Kindergesundheit vernachlässigt wird. Denn eine schlechte Zahngesundheit kann unter Umständen auch ein Hinweis für eine Kindeswohlgefährdung sein.
Beratungszahnärztin Katja Kühler. Foto: Heidi Senska-Enoch

„Karies ist mehr als nur ein Loch im Zahn. Es handelt sich um die am häufigsten vorkommende, chronische Erkrankung im Kleinkindalter. Eine hohe Karieslast kann auch ein Indiz für Vernachlässigung im Sinne der Kindeswohlgefährdung sein“, sagt Katja Kühler, Beratungszahnärztin bei der AOK Nordost. Sie begründet dies so: „Eine ungesunde Mundhygiene stellt ein Einfallstor für Bakterien dar und kann sich negativ auf die allgemeine Entwicklung des Kindes auswirken.“ Dies könne viele Facetten haben, beispielweise Schmerzen beim Kauen, Übertragung von Karies auf die bleibenden Zähne, Fehlstellungen der bleibenden Zähne, wenn die Milchzähne als Platzhalter wegfallen, bis hin zu Sprachentwicklungsstörungen.

„Die im Juli 2019 neu eingeführten Früherkennungsuntersuchungen als Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung zeigen, dass der Präventionsansatz richtig ist und die Zahngesundheit sich weiter verbessert, wenn gleichwohl weiterhin Defizite zu verzeichnen sind. Insbesondere in den Flächenländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg macht sich bei den Zahnärzten demnächst der demographische Wandel deutlich bemerkbar. Hier müssen alle Akteure gerade mit Blick auf die Versorgung der Kleinsten zukunftsfähige Lösungen erarbeiten“, fordert Katja Kühler. Nach wie vor bleibt es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Eltern so früh wie möglich über die Mundhygiene aufzuklären. Weitere Beteiligte in der Aufklärung sind neben den Hebammen auch die Kinderärzte, die Zahnärzte, die Kindereinrichtungen, die Landesarbeitsgemeinschaften zur Förderung der Jugendzahnpflege (Durchführung der Gruppenprophylaxe) inklusive der Krankenkassen, die im Sinne der Kinder ihr Handeln aufeinander abstimmen sollten.

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