Aufeinander zugehen sollten die Vertreter:innen von Pflege und Medizin auf der Bühne beim Deutschen Pflegetag in Berlin. Doch aufeinander zugehen war angesichts der Abstandsregeln und Mengenbegrenzung gar nicht so leicht. Schließlich durften nur vier Personen gleichzeitig auf der Bühne sein, bei zusätzlich einem Moderator und einer Moderatorin war das am 13. Oktober im Saal A7 der Messe Berlin theoretisch ein Ding der Unmöglichkeit.
Rein praktisch jedoch lockerten die Corona-Regeln die abendliche Diskussion auf, weil immer wieder jemand von der Bühne ging oder gleich am Rand stehen blieb. Hinzu kamen noch Fragen aus dem Publikum im Saal und von den Menschen, die über den Live-Stream zuschauten und ebenfalls Fragen stellen konnten. Und ein Duo mit Harfe und Akkordeon sorgte für kurze unterhaltsame Denkpausen.
Trotz der lockeren Musik stießen auf dem Podium recht unterschiedliche Meinungen aufeinander. So vertrat Dr. Djawid Hashemi von der Charité Universitätsmedizin Berlin den ärztlichen Blick auf die Patient:innen: “Verantwortung für den Patienten trägt jeder, der am Patienten arbeitet. Ich möchte Verantwortung nicht abgeben, aber gern teilen.” Dabei müsse er seiner Verantwortung gerecht werden und dem Patienten die bestmögliche Behandlung zukommen lassen. Es sei ein emotionales Investment, in der jeweiligen Situation immer das Bestmögliche zu machen.
“Die Kommunikation zwischen Medizin und Pflege ist verbesserungswürdig”, wirft die Gesundheits- und Krankenpflegerin Kirsten Seyfarth ein. “Da steht nicht mehr der Halbgott in Weiß. Das müssen Ärzte noch lernen.” Worauf Dr. Hashemi kurz reagierte: “Ich will im Dienst nicht lange diskutieren.” Trotzdem sei Kommunikation natürlich das Mittel, das jeder in der Hand habe, um den Alltag erträglicher und besser zu machen, so Hashemi weiter. Abgrenzungsdiskussionen würden wie ein “Stellungskrieg” wahrgenommen. Das sei jedoch falsch. Wichtig sei vielmehr gegenseitige Rücksichtnahme.
Gegenseitige Rücksichtnahme
Die verschiedenen Professionen müssten sich besser kennenlernen, warf Irina Cichon von der Robert Bosch Stiftung ein. “Jede Person muss wissen, was sie zu verantworten hat.” Das Förderprogramm “Operation Team – Interprofessionelles Lernen in den Gesundheitsberufen” zeige, dass es funktionieren könne. Das bestätigte auch Bianca Van Soest, die als Kinderkrankenschwester für Ärzte ohne Grenzen im Einsatz ist. Wenn sie beispielsweise unter Zeitdruck eine Klinik aufbauen lasse, dann habe auch schon mal ein Chirurg zu lernen, dass sie die Managerin sei. “Ein gemeinsames Ziel ist hilfreich”, fasst Bianca Van Soest ihre Erfahrungen in Krisengebieten zusammen.
Nach einer lebhaften Diskussion waren sich alle Beteiligten einig: In Krisen funktioniert die Zusammenarbeit von Pflege und Medizin offenbar reibungslos. Not und Zeitdruck schweißen zusammen. Dieses Gemeinschaftsgefühl sollte jetzt noch ohne Notfälle und Zeitdruck in den medizinischen und pflegenden Alltag übertragen werden.