PräVaNet: Diabetes vernetzt behandeln

In Deutschland sind fast sieben Millionen Menschen an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankt, darunter vor allem ältere Menschen. Schwerwiegende Folgen kann eine Diabetes-Erkrankung vor allem für das Herz-Kreislauf-System haben. So haben Diabetes-Patientinnen und -Patienten ein fünffach höheres Risiko für einen Schlaganfall und ein dreifach höheres Risiko, einen plötzlichen Herztod zu erleiden.

Trotz der relativ weiten Verbreitung von Diabetes mellitus Typ 2 ist die Zielgruppe für das Innovationsfonds-Projekt PräVaNet zugegebenermaßen recht spitz: Teilnehmen können erwachsene Versicherte der AOK Nordost mit medikamentös behandeltem Diabetes mellitus Typ 2, die darüber hinaus weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren oder Begleiterkrankungen wie Hypertonie, Fettstoffwechselstörung, koronare Herzerkrankung oder eine Niereninsuffizienz aufweisen. In diesem Fall kann die ärztliche Arbeit mit PräVaNet besser koordiniert werden, um Komplikationen zu vermeiden. Das geschieht mit drei Bausteinen.

Baustein 1: Das Board

Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte der verschiedenen Fachrichtungen setzen sich in einem digitalen Gespräch zusammen, beraten den Fall und stellen für jeden Patienten und jede Patientin eine abgestimmte, personalisierte und bedarfsgerechte Therapie zusammen. Für deren Umsetzung sorgt ein fester Ansprechpartner.

Baustein 2: Digitale Messgeräte

Für eine konsequente Kontrolle der Risikofaktoren, die Herz und Gefäße belasten, sorgt ein Messgerät für den Blutdruck und gegebenenfalls für den Blutzucker sowie eine EKG-fähige Puls-Uhr. Alle wichtigen Gesundheitswerte, vor allem Blutdruck und Herzrhythmus, werden regelmäßig digital aufgezeichnet und in einer App dargestellt. So bekommen Patient oder Patientin und das Behandlungsteam einen Überblick über die Risikofaktoren. Die App beinhaltet darüber hinaus ein digitales Gesundheitsprogramm, das den Patientinnen und Patienten Schritt für Schritt ihre Erkrankung erklärt und ihnen hilft, ihre Risikofaktoren in den Griff zu bekommen.

Baustein 3: Die PräVaNet-Nurse

Während des gesamten Programms wird ein Patient kontinuierlich durch eine sogenannte PräVaNet-Nurse betreut, eine speziell geschulte Mitarbeiterin in der behandelnden Praxis. Sie überwacht die Messwerte und sorgt dafür, dass die Behandlung entsprechend angepasst wird. Sollten Werte wie der Blutzuckerspiegel oder der Blutdruck stark vom Üblichen abweichen, dann sendet die App automatisch einen Hinweis an die behandelnde Praxis. Die Nurse prüft die Daten, hält mit dem Arzt Rücksprache und meldet sich bei der betreffenden Patientin oder dem Patienten. Außerhalb der Öffnungszeiten der Praxis und bei auffälligen EKG-Werten wird der Hinweis per Mail an ein Telemedizinzentrum geschickt, sodass Patientinnen und Patienten an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr betreut sind.

„Das PräVaNet ist ein wichtiges Projekt“

Christine Barnekow ist gelernte Kinderkrankenschwester, seit 22 Jahren Diabetesberaterin für Kinder (vorwiegend Typ-1-Diabetes), seit 11 Jahren zusätzlich für Erwachsene (vorwiegend Typ-2-Diabetes) und jetzt auch noch als PräVaNet-Nurse für Erwachsene mit Typ-1 und Typ-2-Diabetes.

Christine Barnekow: Foto: privat

Warum haben Sie sich zur PräVaNet-Nurse weitergebildet?

Sowas sollte eine ausgebildete Diabetesberaterin machen. Denn das PräVaNet-Programm ist ein wichtiges Projekt. So kann die Studie auch in unserer Praxis durchgeführt werden. In unserer Praxis hat es sich angeboten, dass eine Diabetesberaterin sich als PräVaNet-Nurse weiterbildet, um die Patienten in der Studie zu unterstützen.

Wie ist die Aufgabe als PräVaNet-Nurse mit dem Alltag in der Praxis vereinbar?

Das lässt sich ganz gut nebenbei bewältigen, auch wenn ich dafür einige zusätzliche Überstunden machen muss. Ich betreue derzeit insgesamt 18 Personen, sechs davon in der sogenannten Interventionsgruppe. Da muss ich täglich die Daten kontrollieren. Ganz hilfreich ist deshalb, dass ich immer eine E-Mail bekomme, wenn es bei einer Person etwas Auffälliges gibt. Dann rufe ich dort an und erkundige mich, woran der veränderte Wert beim Blutdruck oder Herzrhythmus liegen könnte. In der Regel reicht es, wenn dann nochmal gemessen wird. Manchmal hat sich jemand auch nur stark angestrengt. Notfalls können wir aber auch den Rettungsdienst vorbeischicken.

Weniger intensiven Kontakt habe ich mit den Mitgliedern in der Kontrollgruppe. Deren Daten müssen nur immer wieder dokumentiert werden. Außerdem spreche ich potenzielle Teilnehmerinnen und Teilnehmer an, ob sie nicht auch beim PräVaNet-Programm mitmachen möchten.

Was gefällt Ihnen an der Aufgabe als PräVaNet-Nurse besonders gut?

Ich gebe den Patientinnen und Patienten ein gutes Gefühl der Sicherheit. Sie haben in der Regel Sorgen oder eine gesundheitliche Vorgeschichte. Das PräVaNet-Programm gibt ihnen ein Gefühl der Sicherheit, weil sie selbst messen und ihren Gesundheitszustand überprüfen. Das hat viel mit Früherkennung zu tun.

Wir schreiben die Leute ein und dokumentieren alles für ein Team von Ärztinnen und Ärzten, die sich untereinander eng abstimmen. So schreiben wir beispielsweise den Kardiologen an, sich bestimmte Werte anzusehen. Er hat dann gleich auf einen Blick die Krankengeschichte und kann Tipps geben, was verändert werden sollte. Unsere Ärztin bespricht das dann wieder mit den Patienten.

Was könnte noch besser werden?

Die Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 sind selten jung und innovativ. Diese Risikogruppe ist meistens schon älter, muss für PräVaNet aber viel mit Technik machen. Ständig stehen Messungen an, dazu zwei unterschiedliche Apps. Das ist schon eine große Herausforderung. Etwas weniger mobile Technik wäre da sicher gut. Aber aus unserer Sicht ist die Technik richtig gut. Und für die Patientinnen und Patienten ist das PräVaNet-Programm auch sehr gut. Sie sind interessiert an ihrer Erkrankung und motiviert, gesünder zu leben. Mit PräVaNet bekommen sie einen guten Überblick und können ihren Zustand ständig kontrollieren. Das gibt ihnen ein besseres Gefühl der Sicherheit.

PräVaNet steht für ein strukturiertes, intersektoral vernetztes, multiprofessionelles, digitalisiertes Programm zur Optimierung der kardiovaskulären Prävention. Teilnehmen können ambulante Facharztpraxen für Kardiologie oder Diabetologie aus Berlin und Brandenburg sowie Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2, die bei der AOK Nordost versichert sind und in einer teilnehmenden Facharztpraxis in Behandlung sind. Sie müssen sich an ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte wenden, um in das Programm aufgenommen zu werden.
Weitere Informationen: https://kardio-cbf.charite.de/forschung/innovationsfonds_projekt_praevanet/

 

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