Digitales Angebot schafft Nähe

Persönliche Beratung der AOK Nordost im digitalen Bürgerbüro in Templin.
Persönliche Beratung der AOK Nordost im digitalen Bürgerbüro in Templin. Foto: Robin Avram (AOK Nordost)

Digitalisierung muss nicht unpersönlich sein: Fünf taufrische Digitale Bürgerbüros schaffen neue Kundennähe in der dünn besiedelten Uckermark. Wie das funktioniert, erläutert Projektleiter Chris Behrens. 

Chris Behrens ist Fachbereichsleiter der AOK-Pflegeberatung und der Pflegestützpunkte, sowie Koordinator des Projekts „Digitales Bürgerbüro“ Foto: privat

Herr Behrens, ein Büro ist ja eigentlich ein analoger Ort. Die AOK Nordost bietet in Templin gemeinsam mit dem Landkreis Uckermark nun das erste Digitale Bürgerbüro an, vier weitere in der Uckermark werden folgen – was steckt dahinter? 

Manche denken tatsächlich immer, dass „digital“ etwas Schwieriges ist, weil es mit Computer oder Smartphones zu tun hat. Es gibt aber immer noch Menschen, die diese ganzen Gadgets nicht für sich entdecken können. Digitale Anwendungen müssen für diese Menschen daher niedrigschwellig sein. Vor diesem Hintergrund und aus der Idee heraus, auch mit jemandem reden zu können, der nicht direkt vor Ort ist, entstand das Konzept „Digitales Bürgerbüro“. Dabei handelt es sich um medientechnisch ausgestattete Kabinen, in der sich Menschen per Videotelefonie zu unterschiedlichen Themen beraten lassen können. Wir haben dafür gesorgt, dass sich unsere Versicherten zu Krankenkassenthemen beraten lassen können, der Landkreis Uckermark hat eine Schnittstelle zum Sozialamt Uckermark eingerichtet und gemeinsam mit den Trägern der Pflegestützpunkte bieten wir auch eine Pflegeberatung der Pflegekassen an. 

An wen richtet sich das Angebot? 

In erster Linie sprechen wir ältere, nicht-technikaffine Menschen an, die in der dünn besiedelten Uckermark leben. Die Anwendung setzt keinerlei Vorkenntnisse voraus. Die Kundinnen und Kunden brauchen keine Registrierung und keine eigene Technik. Wenn Sie das Digitale Bürgerbüro betreten, wird automatisch eine Videoverbindung zur Vermittlungsstelle aufgebaut. Wir wissen, dass wir auf dem Land viele ältere Menschen haben, die weitere Wege nicht mehr auf sich nehmen können. Auch für sie muss es eine Möglichkeit geben, sich beispielsweise zum Thema Pflege zu informieren. Aber gerade Pflege ist ein sehr privates Thema, bei dem es wichtig ist, Mimik und Gestik seines Gegenübers wahrnehmen zu können. Schon nach den ersten Tests haben Teilnehmende berichtet, dass sie den Bildschirm zwischen sich und ihrem Gegenüber vergessen haben. Das schafft Nähe.  

Persönliche Beratung der AOK Nordost im digitalen Bürgerbüro in Templin.
Persönliche Beratung der AOK Nordost im digitalen Bürgerbüro in Templin. Bei der Eröffnung mit dabei: Hans-Joachim Fritzen, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Nordost (rechts im Bild). Foto: Robin Avram (AOK Nordost)

Viele Krankenkassen sehen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, Servicecenter in strukturschwachen Regionen zu schließen. Kann das Digitale Bürgerbüro eine wirtschaftlich tragfähige Alternative sein, den Menschen persönliche Ansprache vor Ort zu bieten? 

Wir müssen erst einmal festhalten, dass wir unsere Kundinnen und Kunden auf ihren bevorzugten Kanälen erreichen wollen. Die Tendenz geht dabei immer weiter zum Digitalen. Aber: Wir wollen den Menschen in der Fläche ein Angebot machen, dass sie – und da ist wieder das Wort – möglichst niederschwellig nutzen können. In Templin mussten wir unser Servicecenter vor rund einem halben Jahr schließen, weil einfach zu wenige Kunden kamen. Mit dem Digitalen Bürgerbüro können wir nun im Landkreis Uckermark, wo es wenige Beratungsmöglichkeiten gibt, ein alternatives Angebot anbieten. 

Das Digitale Bürgerbüro startet nun mit einer einjährigen Pilotphase im Landkreis Uckermark. Gibt es schon Pläne für die Zeit danach? 

Wir wissen aus vergleichbaren Projekten, dass es zwischen einem halben Jahr und einem Jahr dauert, bis die Bürgerinnen und Bürger so ein Angebot richtig annehmen. In dieser Zeit werden wir uns das ganz genau anschauen. Wenn das Angebot gut angenommen wird, ist das auch für andere Gegenden interessant. Konkret haben schon weitere Landkreise Interesse an dem Projekt bekundet, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, wie die Uckermark. Das betrifft eben vor allem Flächenlandkreise mit einer eher niedrigen Bevölkerungsdichte, wo trotzdem eine gewisse Infrastruktur vorhanden sein muss. Diese Landkreise schauen sehr genau, ob das vielleicht auch eine Lösung für ihre Probleme sein kann. Wenn, dann werden wir als AOK Nordost und auch als Pflegestützpunktsystem entsprechenden Anfragen aufgeschlossen gegenüberstehen. 

Die Kabinen machen Privatsphäre während der Beratung möglich. Foto: Landkreis Uckermark

rbb24 Brandenburg Aktuell (23.3.2023): Brandenburgs erstes digitales Bürgerbüro befindet sich in Templin. Es ist ein Pilotprojekt des Landkreises Uckermark und der AOK Nordost. Wie kommt es bei Bürgerinnen und Bürgern an? Diana Azzam hat den Start beobachtet: Videobeitrag (2’04)

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