„Wir brauchen mehr Leuchtturmprojekte“

Zwei Leuchttürme am Ufer von Rostock Warnemünde

Die medizinische Versorgung kann in der Fläche nicht überall identisch sein. Daher bedarf es innovativer Lösungsansätze in unterversorgten Gebieten – durch eine bessere ärztliche Vernetzung und durch ambulante Versorgungszentren. Der Vorsitzende des Verwaltungsrates der AOK Nordost, Knut Lambertin, nennt Beispiele, wie es funktionieren kann.

Knut Lambertin, Vorsitzender des Verwaltungsrates der AOK Nordost

Wie können die Krankenkassen eine drohende Unterversorgung in der Fläche verhindern? Wie können sie sozial benachteiligte Regionen besser fördern? Derlei in die Zukunft gerichtete Fragen stellt sich aktuell die soziale Selbstverwaltung. Ein Versicherter hatte gelesen, dass junge Ärzte ihre neue Praxis am liebsten in gut situierten Regionen und in Zentren eröffnen. Er machte sich Sorgen. Die AOK Nordost und ihr Verwaltungsrat wissen um die Problematik einer ungleichen Standortverteilung. Deshalb fördern wir einzelne Leuchtturmprojekte in medizinisch unterversorgten Regionen.

Drei Modelle mit Vorzeigecharakter führe ich einmal als Beispiel an. So unterstützen wir unter dem Motto „Made in Brandenburg“ einen Zusammenschluss von Ärzten, der eine fachübergreifende ambulante Gesundheitsversorgung im Raum Templin ermöglicht. Der Projektname StimMT steht dabei für Strukturmigration im Mittelbereich Templin. Versicherte werden dadurch gesundheitlich schneller versorgt als üblich und dann meistens auch wieder schneller gesund.

Mobile Lösung für Herzpatienten

Mit Schwerpunkt auf Mecklenburg-Vorpommern ist seit gut einem Jahr ein großer Lastwagen als HerzCheck unterwegs zu den Menschen auf dem Land. In seinem langen Anhänger befindet sich ein mobiles MRT. Ein Expertenteam für Herzschwäche-Probleme reist mit. Im ersten Jahr kamen nordostweit rund 2.000 Menschen zur Untersuchung zum Herz-Truck. Bei jedem Vierten von ihnen wurde eine Herzinsuffizienz diagnostiziert.

Viele Facharztpraxen unter einem Dach

Mehr als ein Leuchtturmprojekt ist mittlerweile unser AOK-eigenes Centrum für Gesundheit. Seit Februar 2022 finden Mitglieder und Familienversicherte einen großzügigen Neubau im Berliner Wedding vor. Der bekannte Name Centrum für Gesundheit, kurz CfG, bleibt. Wer auf dem Weg dorthin einmal durch den Stadtteil läuft, erkennt sofort, dass dies ein lebendiger Ort mit vielen Menschen ist – auch jenen mit Migrationshintergrund. Immer wieder kommt es zu Sprachbarrieren. Darauf hat sich das CfG eingestellt: Fachärztinnen und Fachärzte und das Servicecenter agieren mehrsprachig und stellen sich auf die besonderen Wünsche der Versicherten ein. Exklusiv erhalten AOK-Versicherte im CfG auch recht kurzfristig einen Arzttermin (www.cfg-berlin.de). Allein diese drei Beispiele zeigen: Es ist unverzichtbar, dass die kommunale Politik in allen drei Ländern bereits erfolgreiche und weitere Projekte unterstützt.

Die Politik ist gefordert

Derzeit beschäftigt sich die Politik intensiver mit dem Schwerpunkt Pflege – ein bewegendes gesellschaftliches Thema. Eines dazu ist gewiss: Die Arbeit der häuslichen Pflege durch Angehörige verdient Anerkennung, sie ist unverzichtbar. Nicht alles davon lässt sich ausreichend vergüten. Wirtschaftlich prekärer kann es werden, wenn ein Pflegebedürftiger in ein Pflegeheim umzieht: Pflegelöhne, Energiekosten, das Profitstreben mancher Anbieter und auch wachsende Ansprüche an die Pflege lassen die Kosten steigen. Dies gilt auch für nicht bereitgestellte oder zu gering ausfallende Investitionskosten, die die Bundesländer laut Gesetz zahlen sollen.

Dabei muss in jedem Fall gewährleistet sein, dass die pflegebedürftigen Menschen finanziell nicht noch mehr als schon geschehen belastet werden. Die Politik muss ihre finanzielle Zusage bei den Pflegekosten einlösen. Es bedarf stabiler Beitragssätze der Pflegeversicherung über 2022 hinaus. Daher fordern wir von der Ampel-Koalition beispielsweise zeitnah eine staatliche Mitfinanzierung versicherungsfremder Leistungen innerhalb der Pflege. Ohne diese könnten die Pflegekassen und damit die pflegerische Versorgung schnell in Schieflage geraten.

Dieser Beitrag erscheint auch ab 11. November im gedruckten AOK-Gesundheitsmagazin.

„Die Sorge um eine gute Versorgung auf dem Land wächst“ – Ein Interview mit Knut Lambertin in G+G

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