Für den sozialen Frieden im Land

Die Politik muss dringend notwendige Veränderungen im Gesundheitswesen endlich umsetzen. Dafür dürfen die Versicherten durch einen weiteren Anstieg ihrer Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung aber nicht erneut zur Kasse gebeten werden, mahnt Knut Lambertin, Vertreter der Versicherten und alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates der AOK Nordost. 

Knut Lambertin, alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates der AOK Nordost

Wenn jetzt in der kalten Jahreszeit ein Kind mit Schnupfen und Husten aus der Kita oder der Grundschule nach Hause kommt, dann beginnt bei vielen Eltern die Sorge. Leider geht es dabei nicht immer nur um das kranke Kind, sondern auch um dessen Betreuung. Wer bleibt wann zu Hause? Wer hat noch wie viele Tage Anspruch auf Kinderkrankengeld? 

Dieser gesetzliche Anspruch auf 90 Prozent des ausgefallenen Nettogehalts ist richtig. Während der Corona-Pandemie waren es sogar 30 Tage je Kind und Elternteil. Im Herbst haben die Regierungsfraktionen im Bundestag eine Verringerung auf 15 Tage beschlossen. Das sind fünf Tage mehr als die im Sozialgesetz festgelegten zehn Tage. Allein für diese Zehn-Tage-Regelung beim Kinderkrankengeld haben Beitragszahlerinnen und Beitragszahler vor der Corona bedingten Sonderregelung im Jahr 2019 zusammen mehr als 272 Millionen Euro aufgebracht. Kommen jetzt fünf Tage hinzu, entspricht das rein rechnerisch weiteren 136 Millionen Euro. 

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Als AOK-Gemeinschaft stehen wir voll und ganz hinter dieser guten Regelung. Denn ein Großteil der gesetzlich Krankenversicherten verfügt nur über kleine oder mittlere Einkommen: Drei von vier GKV-Mitgliedern haben ein Bruttogehalt von weniger als 41.500 Euro pro Jahr. Deshalb ist das Kinderkrankengeld für Familien mit kranken Kindern besonders wichtig, damit es wegen kranker Kinder nicht zu einer finanziellen Notlage kommt.  

Allein dieser Umstand zeigt jedoch bereits, dass ein Kinderkrankengeld eine rein familienpolitische Leistung ist. Genau deshalb sollte gerade die Bundesregierung mit gutem Beispiel vorangehen und sich an dieser versicherungsfremden Leistung auch angemessen beteiligen.  

Gleiches gilt für die Finanzierung der zahlreichen Gesundheitsvorhaben, für die weiter hauptsächlich auf das Geld der Beitragszahlenden zurückgegriffen wird. Deren knappe Kassen sind jedoch irgendwann leer, was die sozialen und gesundheitlichen Ungleichheiten im Land weiter verstärkt. Im Frühjahr hat Bundespräsident Steinmeier auf die Bedeutung unseres Sozialstaates und seiner Sicherungssysteme mit dem Ausspruch hingewiesen: „Sozialpolitik ist Demokratiepolitik“. Auch in Zeiten, in denen politische Vorhaben neu geordnet werden, müsse der Sozialstaat leistungsfähig bleiben, fügte er hinzu. Deshalb sollten endlich die dringend notwendigen strukturellen Veränderungen im Gesundheitswesen umgesetzt werden. Dafür dürfen die Versicherten nicht erneut und zusätzlich durch einen weiteren Anstieg ihrer Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zur Kasse gebeten werden. 

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