Mehr als 500 Herzinfarkt-Tote weniger: Qualität und Transparenz können Leben retten

Transparenz macht Qualität im Krankenhaus vergleichbar. Mit dem geplanten Transparenzverzeichnis sollen Patientinnen und Patienten zukünftig einen Einblick bekommen, welches Krankenhaus welche Leistungen in welcher Qualität anbietet. Damit würden Patientensicherheit gestärkt und die Versorgung deutlich verbessert. Eine Studie der TU Berlin untermauert das Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Allerdings formiert sich Widerstand.

550 weniger Herzinfarkt-Tote und 740 weniger Menschen, die an einem Schlaganfall versterben – und das pro Jahr. Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Studie der Technischen Universität Berlin. Ihr Titel: „Versorgungsqualität und Behandlungserfolg – darum muss die stationäre Versorgung jetzt revolutioniert werden“. Berechnet wurde dabei der Effekt, wenn die Patientinnen und Patienten, die sich jetzt noch in dem Fünftel der Krankenhäuser mit den schlechtesten Behandlungsergebnissen behandeln lassen, in ein Krankenhaus gehen würden, das zu den besten 20 Prozent in Sachen Behandlungsqualität gehört. Damit untermauert diese Studie, dass Qualitätsvorgaben Leben retten können.

“Vor einer planbaren Operation lohnt es sich, die Ergebnisse der Kliniken in der Umgebung zu vergleichen und sich für ein Krankenhaus mit guten Behandlungsergebnissen, adäquater Ausstattung und hohen Fallzahlen zu entscheiden. Viele der Qualitätsinformationen auf Basis retrospektiv ausgewerteter Daten, die von Prof. Reinhard Busse thematisiert wurden, finden sich heute schon im Gesundheitsnavigator der AOK und in anderen Vergleichsportalen. Dennoch unterstützen wir jeden Ansatz, noch mehr Qualitätstransparenz für Patientinnen und Patienten sowie für einweisende Ärztinnen und Ärzte zu schaffen. Daher halten wir das geplante Transparenzverzeichnis von Minister Lauterbach auch weiterhin grundsätzlich für sinnvoll”, sagt Jens Martin Hoyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes zu den am 30. Januar 2024 vorgestellten Studienergebnissen.  

Transparenz macht Qualität vergleichbar 

Wo viele Menschen leben, ist in der Regel auch im örtlichen Krankenhaus viel los oder es gibt mehrere Kliniken, die sich auf bestimmte Behandlungen spezialisiert haben. Doch wie sieht es in den dünn besiedelten Regionen von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern aus? Wie kann auch dort der Betrieb einer Klinik sinnvoll finanziert werden? Wenn es nach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geht, sollen diese Fragen durch ein Krankenhaus-Transparenzgesetz und letztlich die große Krankenhausreform gelöst werden. 

Durch das Transparenzgesetz soll die Qualität der stationären Versorgung in den Klinken einheitlich erfasst und für Patientinnen und Patienten vergleichbar gemacht werden. Sie wären dann, ebenso wie einweisende Ärztinnen und Ärzte, jederzeit darüber informiert, welches Krankenhaus welche Leistungen in welcher Qualität anbietet. Diese Angaben über die jeweiligen Qualitätsstufen sollen in einem sogenannten Transparenzverzeichnis veröffentlicht werden.  

Letztlich ist die Qualität entscheidend

Die Veröffentlichung dieses Transparenzverzeichnisses soll jedoch keine direkte Auswirkung auf die Krankenhausplanung der Länder und auf die Vergütung der einzelnen Kliniken haben. Es findet vielmehr eine “Abstimmung mit den Füßen” statt. Der Plan von Gesundheitsminister Karl Lauterbach: Patientinnen und Patienten entscheiden sich gerade bei Spezialbehandlungen eher für eine qualitativ hochwertige Klinik, auch wenn sich diese möglicherweise nicht direkt vor Ort befindet. Schließlich sollen medizinische Behandlungen und operative Eingriffe im besten Fall ohne Komplikationen erfolgen. 

Wenn es nach dem Bundesgesundheitsminister geht, soll dieses Transparenzgesetz Hand in Hand mit einer großen Krankenhausreform gehen, in der dann grundsätzliche Fragen der Krankenhausfinanzierung geregelt werden. Allerdings regt sich in den Ländern Widerstand gegen dieses Vorgehen. Kritisiert wird vor allem, dass das Transparenzverzeichnis die Zuordnung der Krankenhäuser zu bestimmten Leistungsgruppen vorwegnehmen würde. Diese Zuordnung könne erst nach der großen Krankenhausreform erfolgen und sie liege zudem in Länderhand, heißt es. Deshalb muss sich der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag im Februar damit beschäftigen. Der Bundesrat könnte somit frühestens im März erneut über das Transparenzgesetz abstimmen.  

Betten zählen allein reicht nicht

Das Transparenzgesetz ist jedoch nur ein Teil der großen Krankenhausreform. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die geplante Vorhaltefinanzierung, mit der Kliniken letztlich finanziell unabhängiger werden sollen. Damit würde ein Krankenhaus quasi eine bestimmte Menge Geld für jedes Bett bekommen, das für Kranke vorgehalten wird – unabhängig davon, ob das Bett belegt oder frei ist. Diese Regelung soll Kliniken in dünner besiedelten Regionen helfen, wo einfach weniger Patientinnen und Patienten behandelt werden müssen. Eine aktuelle Analyse im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft hat jedoch ergeben, dass dieser Wunsch offenbar nicht in Erfüllung geht. Diese Vorhaltefinanzierung einzig an der Zahl der Fälle auszurichten, bringe nur Bürokratie, aber keine Effekte bei der Reduktion der Mengen und bei der Konzentration von Leistungen, so Carola Reimann, Chefin des AOK-Bundesverbandes. Werde das so umgesetzt, würden die Erlöse der Kliniken weiter stark von der Patientenzahl abhängen. 

Derweil fordern auch Vertreterinnen und Vertreter der Länder und aus den betroffenen Kommunen für ihre Kliniken finanzielle Unterstützung. Dafür hat Karl Lauterbach bereits einen zweistelligen Milliardenbetrag zugesagt. Der Topf dafür heißt Transformationsfonds. Er soll den Vorstellungen des Bundesgesundheitsministers nach einerseits aus Steuermitteln der Länder und auf der anderen Seite aus Geldern der Krankenkassen gefüllt werden. Beschlossen ist aber noch nichts, an einem entsprechenden Reformentwurf wird noch gearbeitet. Das geht dem Land Brandenburg nicht schnell genug. Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher kündigte deshalb 95 Millionen Euro aus einem Landesprogramm an, mit dem die Liquidität der Krankenhäuser im Land noch im laufenden Jahr gesichert werden soll. 

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