Die AOK Nordost zeigt Haltung und unterstützt als Erstunterzeichnerin das Bündnis „Brandenburg zeigt Haltung“. Für Vielfalt und Demokratie sowie gegen Hass, Ausgrenzung und Rechtsextremismus haben sich seit Januar 2024 bereits mehr als 250 Organisationen sowie einige tausend Einzelpersonen dem breiten Bündnis angeschlossen. Initiator ist der Verein Neues Potsdamer Toleranzedikt. Ein Interview zu Motivation und Zielen des Bündnisses mit dem Sprecher von „Brandenburg zeigt Haltung“, Daniel Wetzel.
Das Bündnis „Brandenburg zeigt Haltung“ hat sich Anfang 2024 zusammengefunden. Los ging es gleich mit 110 Erstunterzeichnenden, bei denen auch die AOK Nordost dabei ist. Aber wogegen oder auch wofür zeigen diese Unternehmen eigentlich Haltung?
Wir haben das Bündnis Anfang Januar aus der Taufe gehoben und uns überlegt, dass es an der Zeit ist, tatsächlich Haltung zu zeigen und ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis hinter uns zu bringen, das sich dafür einsetzt. Auslöser war die Sorge davor, dass sich die Stimmung der Bevölkerung verschlechtert, dass bestimmte Sachen nicht mehr miteinander besprochen werden, dass es einen Ruck gibt, hin zu autoritären Einstellungen. Auch die Umfragewerte in Richtung der Landtagswahlen haben zu Kopfschütteln und Sorgen geführt. Deshalb haben wir gesagt: Da muss man jetzt Haltung zeigen, da muss man etwas dagegensetzen. Denn es ist ganz wichtig, dass die sogenannte schweigende Mehrheit wieder eine Stimme findet und dass diese auch wahrgenommen wird. Bei Umfragen werden diese 70 Prozent leicht außen vorgelassen, die ganz andere Einstellungen haben. In der öffentlichen Debatte dominieren viel eher die lauten, radikalen Ansichten. Da wird auch ganz frech behauptet, Volkes Stimme zu vertreten, was aber de facto gar nicht der Fall ist.
Soweit der Status quo. Aber was ist die Idee von „Brandenburg zeigt Haltung“?
Wir wollen die schweigende Mehrheit mobilisieren, ihr eine Stimme geben, sie sichtbar machen, damit sie wieder vorkommt. Wichtig ist auch, dass wir uns nicht für oder gegen eine Partei aussprechen. Das behebt ja das Problem nicht. Wichtig ist dem Bündnis, sich für Weltoffenheit, für Toleranz, Vielfalt, Solidarität in der Gesellschaft auszusprechen und ganz klar zu benennen, dass komplizierte Gespräche nicht zu vermeiden, sondern zu führen sind. Dialog ist in einer Gesellschaft notwendig. Dafür müssen auch die Strukturen in Freundes- und Arbeitskreisen und anderen Zusammenhängen, wo man nicht mehr miteinander spricht, aufgebrochen werden und das Gespräch gesucht werden, wo auch immer es geht. Wichtig ist uns aber auch, ganz klar, die Demokratie zu verteidigen.
Ziele von „Brandenburg zeigt Haltung“
- Wir setzen uns ein für ein demokratisches, tolerantes und weltoffenes Brandenburg.
- Wir stehen ein für eine vielfältige und solidarische Gesellschaft.
- Wir treten ein für eine offene Diskussion, sachliche Debatten und respektvollen Umgang miteinander.
- Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der alle Menschen in ihrer Verschiedenheit akzeptiert und respektiert werden. Rassismus, Antisemitismus, Intoleranz, Hass und Ausgrenzung haben hier keinen Platz.
- https://www.brandenburg-zeigt-haltung.de/
Es ist also kein Bündnis gegen, sondern FÜR etwas…
Der Kern unseres Programms ist, wofür wir einstehen. Der Auslöser jedoch sind gezielte Aktivitäten antidemokratischer und rechtsextremer Kräfte. Sie versprechen vermeintlich einfache Lösungen, gerade bei komplexen Problemen. Wir vertreten jedoch die Auffassung, dass Hass, Demagogie, Spaltung, Ausgrenzung, Gewalt, Bedrohung und Einschüchterung keine Lösung sind. Sie bedrohen vielmehr den Zusammenhalt, den Wohlstand und die Entwicklung in unserem Land. Deshalb haben wir aufgefordert, sich anzuschließen, sich zusammenzutun, das Gespräch zu suchen, Haltung zu zeigen, ganz egal welcher politischen Richtung man sich zugehörig fühlt. Wir treten ein für den Konsens der Demokraten – überparteilich.
Im Januar 2024 ist auch die Recherche von Correctiv zum Treffen Rechtsextremer bei Potsdam veröffentlicht worden. War der Start des Bündnisses im gleichen Monat eher Zufall oder Absicht?
Die Enthüllungen des Correctiv-Magazins haben unsere Planungen quasi überlagert. Das hat uns gleich noch ein zusätzliches Argument gegeben, warum es wichtig ist, umgehend mit dem Bündnis zu starten. Trotzdem haben wir uns noch Zeit genommen und bestimmte Gruppen angefragt, ob sie sich von Anfang an beteiligen. So sind in kurzer Zeit 110 Organisationen und 190 einzelne Personen als Erstunterstützer zusammengekommen. Das haben wir dann am 23. Januar gemeinsam in der Potsdamer Nikolaikirche vorgestellt.
Bereits Anfang Februar hat sich die Zahl der Organisationen auf 253 mehr als verdoppelt. Hinzu kommen mehr als 4.000 weitere unterzeichnende Einzelpersonen, die sich kurzfristig dem Bündnis angeschlossen haben. Damit ist das bisher größte gesellschaftliche Bündnis für Demokratie des Landes Brandenburg geschaffen worden. Es umfasst zahlreiche Unternehmen und Wirtschaftsverbände, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, Krankenkassen, Sozialverbände, Kirchen, Sportvereine, Kultureinrichtungen, Kommunen und Landkreise sowie viele zivilgesellschaftliche Gruppen. Neu dabei ist unter anderem die LEAG, das Energieunternehmen aus der Lausitz. Damit wird sehr deutlich, dass sich auch die Wirtschaft inzwischen ganz klar positioniert und beim Bündnis mitmacht.
Das Bündnis ist damit bereits jetzt sehr breit aufgestellt. Aber welchen Effekt soll „Brandenburg zeigt Haltung“ letztlich haben, was kann es erreichen?
Jann Jakobs, der frühere Oberbürgermeister von Potsdam, hat es in der Pressekonferenz gut ausgedrückt: Es geht vor allem darum, dieser schweigenden Mehrheit eine Stimme zu verleihen, sich zusammenzuschließen und zu positionieren. Und dadurch den Menschen im Land, die sich für Demokratie engagieren, Mut zu machen. Sie sind nicht allein, sondern die Mehrheit steht zusammen gegen die Bedrohung der Demokratie. Außerdem soll ihnen eine Plattform geschaffen werden, wo eine Vernetzung untereinander stattfinden kann. Darüber hinaus wollen wir natürlich erreichen, dass dieses Bündnis in der öffentlichen Präsenz sichtbar verankert wird. Dafür ist es wichtig, dass die beteiligten Organisationen auch in ihre eigenen Strukturen hineinwirken, mit ihren Mitarbeitenden ins Gespräch kommen über die Bedeutung extremistischer Ansichten und deren Auswirkungen beispielsweise auch auf die eigene Arbeit. Allerdings wissen wir auch, dass wir einen Marathon vor uns haben. Wir wollen dieses Thema in der Gesellschaft weiter verankern und mit Blick auf die Landtagswahl in Brandenburg am 22. September 2024 die Menschen mobilisieren, sich aktiv mit einzubringen. Dabei sind alle Organisationen eingeladen, selbst mit ihren Mitarbeitenden und auch den Lieferanten ins Gespräch zu kommen, dass sie Haltung zeigen und sich als Unternehmen für Vielfalt und Demokratie positionieren.