„Gesundheitsschutz braucht Gesundheitsdaten“

Der Wissenschaftliche Beirat berät die AOK Nordost bei der Digitalen Transformation. Hier bei einer früheren Sitzung. Foto: AOK Nordost

Professor Heckmann, der Wissenschaftliche Beirat für Digitale Transformation der AOK Nordost hat bereits im Sommer 2022 dazu aufgefordert, die Gesundheitsdaten der Bevölkerung in Deutschland aktiv zu nutzen. Sie seien die Grundlage für ein funktionierendes Gesundheitssystem. Mit dem jüngsten Positionspapier erhöht der Beirat sogar seinen Druck und fordert einen „Turbo für die Digitalisierung des Gesundheitswesens“. Eine schnelle Umsetzung des „Digitalpakets“ des Bundesgesundheitsministeriums sei erforderlich. Dabei befindet sich das Digitalpaket ja bereits auf dem Weg. Was fehlt Ihnen daran?

Prof. Dr. Dirk Heckmann ist Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Beirats der AOK Nordost.

Der Beirat begrüßt die jüngsten Gesetzentwürfe zur Digitalisierung des Gesundheitswesens sehr. Gerade die Umstellung von „opt in“ auf „opt out“ bei der elektronischen Patientenakte, die wir ebenfalls früher gefordert hatten, wird zur schnelleren Etablierung der Telematikinfrastruktur beitragen. Die Gesetze alleine können den dringend erwarteten Digitalisierungsschub aber nicht herbeiführen. Sie sind eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung. Nun gilt es, die gesetzlichen Vorgaben in der Praxis umzusetzen, insbesondere die IT-Infrastruktur auf- und auszubauen, die relevanten Daten tatsächlich bereitzustellen und sowohl die Versicherten als auch die Ärzteschaft durch gute Informationen von der Sinnhaftigkeit der neuen Prozesse und Nutzungsformen zu überzeugen. Das darf sich nicht wieder über viele Jahre hinziehen.

Der Schutz von Gesundheitsdaten ist besonders wichtig. Allerdings geht es auch um einen umfassenden Gesundheitsschutz der Bevölkerung.  Wie kann dieser aus Sicht des Beirats gewährleistet werden?

Gesundheitsschutz braucht Gesundheitsdaten. Das lässt sich datenschutzkonform ohne Weiteres bewerkstelligen: Zum einen erlaubt die DSGVO den (verhältnismäßigen) Zugriff auch auf sensible Daten, wenn der Gesetzgeber hierzu eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage schafft; das geschieht gerade. Zum anderen können Daten auch freiwillig durch die Betroffenen bereitgestellt werden, wenn sie ausreichend über die Umstände der Verarbeitung informiert werden. Dies gilt es nun umzusetzen.

Bei gesundheitlicher Vorsorge und bei Behandlungen fallen viele sensible Daten an, die an den unterschiedlichsten Stellen erhoben werden. Zentral zusammengefasst werden sie künftig in der elektronischen Patientenakte. Aber wer sollte aus Sicht des Beirats die verstreuten Daten einsammeln? Und wie können danach die Zugriffsrechte auf diese Daten sinnvoll geregelt werden?

Tatsächlich fallen Gesundheitsdaten nicht nur an einer Stelle, etwa bei hausärztlichen Untersuchungen an. Vielmehr erheben viele Akteure entlang der Versorgungspfade wertvolle Daten, sei es in den Facharztpraxen, Laboren, medizinischen Zentren oder auch beim Selbst-Tracking mit Hilfe von Gesundheitsapps. Der Beirat sieht die vorgesehene gesetzliche Zuständigkeit der Krankenkassen zur „Befüllung“ der elektronischen Patientenakte kritisch. Dies ist nicht deren primäre Aufgabe, im Gegensatz etwa zu den Hausärzten. Bei ihnen wäre die Einbeziehung solcher „externer“ Daten auch deshalb sachnäher, weil sie deren Relevanz auch viel besser einordnen und nebenbei die Behandlung der betreffenden Personen optimieren könnten.

Das aktuelle Positionspapier des Wissenschaftlichen Beirats 

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