Die kostenintensive Pflegeversicherung wurde 2023 seitens des Bundes durch ein Darlehen für die Kranken- und Pflegekassen abgesichert. Knut Lambertin, Vertreter der Versicherten im Verwaltungsrat der AOK Nordost, setzt sich für einen konkreten Fahrplan bei der Finanzierung der Sozialen Pflegeversicherung ein.
Wir müssen bitte einmal über unser komplexes Pflegesystem in Deutschland sprechen. Zum 1. Juli sind die Beitragssätze für die soziale Pflegeversicherung angehoben worden. Angestellte sowie Rentnerinnen und Rentner zahlen mehr. Das bedeutet eine zusätzliche Belastung für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler in Zeiten, in denen ohnehin die Lebenshaltungskosten mit Mieten und Energiekosten steigen.
Erst ab Anfang 2024 findet eine Entlastung für die häusliche Betreuung und für Pflegebedürftige mit höherem Pflegegrad in Heimen statt. Diese gleicht aber die gestiegenen Kosten nicht vollständig aus. Ein weiterer Teil des Pflegegeldes fließt in die Vergütung der professionellen Pflege. Festgeschrieben steht all dies im Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz PUEG.
Die soziale Selbstverwaltung der AOK Nordost hatte noch im Frühjahr 2023 begrüßt, dass die Leistungen für die Pflegebedürftigen steigen. Gleichzeitig kritisiert sie, dass der Bund dabei zum Teil nur Kredite gewährt, die dann wiederum die Pflegekasse auffangen muss.
Pläne für die finanzielle Absicherung fehlen damals wie heute. Zudem wird unsere Gesellschaft immer älter. Das dürfte voraussichtlich zu einem spürbaren Anstieg pflegebedürftiger Menschen führen und so unweigerlich zu möglichen personellen Engpässen in der professionellen Betreuung. Zum Glück haben wir eine Vielzahl an Menschen in unserer Gesellschaft, die sich aufopfernd in ihrer Freizeit um die Pflegebedürftigen in der häuslichen Umgebung kümmern. Die von der AOK Nordost unterstützen Pflegeberatungsstellen in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern helfen dabei.
Wie verläuft nun die Finanzierung der Pflege aktuell? Versprechen aus dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung wurden bisher nicht eingelöst. Wir reden beispielsweise von etwa 5,5 Milliarden Euro an pandemiebedingten Ausgaben, die der Pflegeversicherung und somit auch den Pflegekassen der AOK-Gemeinschaft nicht erstattet wurden. Aus der Pflegeversicherung werden jährlich rund 3,5 Milliarden Euro an Rentenversicherungsbeiträgen für pflegende Angehörige finanziert. Um Missverständnisse zu vermeiden: Die Rentenbeiträge stehen dieser Gruppe selbstverständlich zu. Nur ist die Finanzierung dann ebenfalls Aufgabe des Bundes und nicht alleinige Aufgabe der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen.
Was sagt eigentlich unser Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach zu alledem? Im Frühjahr gab er noch an, er halte die Qualität in der Pflege für „hoch, das System brauche aber mehr Geld.“ Interessant. Der Gesundheitsminister weiß um das Kernproblem. Einer notwendigen, ja überfälligen Langzeitfinanzierung steht er anscheinend ohnmächtig gegenüber.
Die soziale Selbstverwaltung der AOK Nordost sieht dringenden Handlungsbedarf für eine dauerhafte Stabilisierung der sozialen Pflegeversicherung. Zusätzliche Bundesmittel sind dafür unverzichtbar, es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es bedarf eines klaren Fahrplans bei der weiteren Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung. Damit die soziale Pflegeversicherung für die Menschen eine Zukunft hat.