AOK und Hauptstadt Urologie bringen hochmoderne Krebsmedizin in die Fläche 

Das Netzwerk Hauptstadt Urologie bietet Patienten mit Prostatakrebs eine Chance. Foto: Joseffson /AdobeStock

Mit einem neuen Programm bietet die AOK Nordost ihren Versicherten als erste gesetzliche Krankenkasse einen leichteren Zugang zu Spitzenmedizin in der Prostatakrebs-Therapie. Die Gesundheitskasse und das Netzwerk Hauptstadt Urologie haben einen Versorgungsvertrag geschlossen, dessen Ziel es ist, die Lebenserwartung für Krebspatienten zu verlängern – auch wenn keine Chance auf Heilung besteht. Ganz unabhängig vom Wohnort sollen Patienten zukünftig so zielgerichteter versorgt werden.   

Die moderne Krebsmedizin macht es in einigen Fällen möglich, das Leben von Patienten mit unheilbarem Prostatakrebs zu verlängern.

Daniela Teichert, Vorstandsvorsitzende der AOK Nordost

Neue Therapien gezielt dort einsetzen, wo sie etwas bewirken  

„Wir begeben uns mit diesem Vertrag als Krankenkasse auf ein für uns noch relativ neues Terrain“, sagt Daniela Teichert, Vorstandsvorsitzende der AOK Nordost. „Zwei Aspekte haben uns dazu bewogen. Zum einen: Die moderne Krebsmedizin macht es in einigen Fällen möglich, das Leben von Patienten mit unheilbarem Prostatakrebs zu verlängern. Deshalb wollen wir grundsätzlich allen unseren Versicherten den Zugang dazu wohnortunabhängig ermöglichen. Das andere: Gerade in der Onkologie müssen wir einen Wildwuchs bei den vielen neuartigen, aber auch sehr teuren Diagnose- und Therapieverfahren vermeiden, damit hochwertige Medizin für alle bezahlbar bleibt.“   

Expertenwissen statt Anwendung auf Verdacht  

Auch neue Medikamente haben nicht für alle Patienten einen gleich großen Nutzen. Im ungünstigen Fall verursachen sie nur unangenehme Nebenwirkungen, der Patient verliert kostbare Zeit und es fallen unnötige hohe Kosten an. Aus Sicht der AOK-Vorstandsvorsitzenden sei es deshalb wichtig, die neuen Therapien nicht einfach auf Verdacht und in der Breite einzusetzen, sondern gezielt dort, wo sie etwas bewirken. Dafür braucht es entsprechendes Expertenwissen.    

Deutlich wird das am Beispiel Gen-Sequenzierung, einem wichtigen Bestandteil des neuen Versorgungsvertrags: „Hier muss man genau wissen, nach welchen Gen-Veränderungen man schaut und welche Medikamente dagegenwirken“, sagt Professor Thorsten Schlomm, Direktor der Klinik für Urologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Mitbegründer des Netzwerks Hauptstadt Urologie. „Eine solche Sequenzierung sollte also unbedingt von Ärzten vorgenommen werden, die auf diesem Gebiet sehr erfahren sind. Sonst kann sie im Zweifelsfall mehr Schaden anrichten als Nutzen“, so der Experte.  

Der richtige Ansatz für eine präzise onkologische Versorgung  

Catrin Steiniger, erste Vizepräsidentin des Berufsverbands der Deutschen Urologen e.V. (BvDU), praktiziert als Urologin in Lübbenau (Oberspreewald-Lausitz) und hat bereits erste positive Erfahrungen mit dem Projekt gesammelt. „Zwar gibt es keine Chance auf Heilung für die eingeschriebenen Patienten, doch es bestehen Möglichkeiten, mit einem neuen Medikament das Gesamtüberleben bei einer entsprechend guten Lebensqualität zu verlängern“, sagt sie. Nach ihrer Erfahrung ist der Aufwand für die teilnehmenden niedergelassenen Ärzte in der Fläche auch „überschaubar“.  

Die Gesundheitskasse ist davon überzeugt, dass der Ansatz des Netzwerks Hauptstadt Urologie der richtige ist, um ihren Versicherten eine präzise Versorgung bereitzustellen, ihnen den Zugang zur Spitzenmedizin wesentlich zu erleichtern und gleichzeitig auch ihre Gesundheitskompetenz zu stärken.  Für die künftige onkologische Versorgung in Zeiten der Präzisionsmedizin erhoffen sich beide Partner von diesem Vertrag einen Blaupausencharakter „Darüber hinaus können wir in der Kooperation konkrete Erfahrungen sammeln, die wir auch dem Gesundheitssystem zur Verfügung stellen wollen“, so Daniela Teichert.  


Und so funktioniert es  
In dem Programm erhalten betroffene Patienten von ihrem am Netzwerk teilnehmenden Urologen einen Zugangscode, mit dem sie sich anonym und datenschutzkonform auf einer digitalen Plattform einloggen und dort ihre krankheitsbezogenen Daten eingeben. Mit Einverständnis der Patienten erhält auch der Urologe Zugriff auf die Daten und kann diese auf ihre Richtigkeit prüfen. Im nächsten Schritt werten ärztliche Experten der Charité die Daten aus und überprüfen, was für den Patienten zu dem Zeitpunkt am sinnvollsten ist: eine Gen-Sequenzierung, ein Platz im Rahmen einer laufenden Studie oder zunächst die Fortführung der bisherigen Therapie. Der behandelnde Urologe erhält dann vom Tumorzentrum der Charité entsprechende Empfehlungen für seinen Patienten. Daten von Patienten, für die aktuell weder eine Gen-Sequenzierung noch eine Studie in Frage kommt, bleiben im sogenannten „Basecamp“ gespeichert. In regelmäßigen Abständen wird überprüft, ob es neue Medikamente oder Studien gibt, die für sie in Frage kommen.  
  

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