„Beim Pflegegesetz muss dringend nachgebessert werden“

In jedem dritten Haushalt im Nordosten unserer Republik fehlt es an jeglichem Grundwissen über gesunde Ernährung. Hinzu kommt: Gemessen am Body-Mass-Index (BMI) ist in der Altersgruppe zwischen vier und vierzehn bereits jedes zehnte Kind mindestens leicht übergewichtig. Die ärztliche Diagnose Adipositas liegt in dieser Altersgruppe bei gestiegenen 3,5 Prozent. Dies sind nur einige, wenn durchaus alarmierende Ergebnisse der aktuellen AOK-Familienstudie. Die Erhebung stammt von Ende 2022 – mit dem Ausklang der Corona-Pandemie. Mit Ernährungskompetenz gemeint sind Bausteine der gesunden Ernährung. Dazu gehören der tägliche Verzehr von Obst und Gemüse sowie eine klimafreundliche Ernährung, die den CO2-Ausstoß reduziert.

Erschwerend hinzu kommt eine veränderte Ess-Kultur. 44 Prozent der Befragten gaben in der Studie an, nur noch selten Mahlzeiten frisch und eigenständig zuzubereiten. Immer seltener finden diese gemeinsam statt. Der Trend geht in Richtung eines „individuellen“ und damit eher unkontrollierten Essverhaltens – nicht nur in unseren Städten, sondern genauso auf dem Land. So lösen Zwischenmahlzeiten mit ungesunden Snacks häufig den früher beliebten Obstteller ab.

Knut Lambertin, alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates der AOK Nordost

AOK Nordost engagiert sich aktiv bei Schulgärten

Die AOK Nordost und ihre soziale Selbstverwaltung setzen beim Thema gesunde und umweltfreundliche Ernährung auf Prävention und hier wiederum auch auf die Wahl regionaler Produkte. Ein Hauptschwerpunkt liegt auf den Familien. Wir unterstützen aktiv die bundesweite Schulaktion „GemüseAckerdemie“, bei der ein Gemüsegarten auf dem Schulgelände angelegt wird. Die Botschaft lautet: Schülerinnen und Schüler sollen wieder Freude daran haben, häufiger selbst angebautes Obst und Gemüse zu verzehren. Bewusst beginnt der Lernprozess frühzeitig bei den Jüngsten. Beim Stichwort „frühzeitig“ komme ich auf ein zweites Thema, welches vor allem ältere und kranke Menschen betrifft, deren Finanzierung für ihre Gesundheit wir alle in der Gesellschaft mittragen. Auch dabei geht es um die Verantwortung des Bundes.

Denn eine Kranken- und Pflegekasse kann nicht korrigieren, dass die soziale, wirtschaftliche und gesundheitliche Ungleichheit auch im Essverhalten sichtbar ist. 39 Prozent der Eltern mit Hochschulreife maßen nachhaltiger Ernährung eine hohe bis sehr hohe Bedeutung zu. Für Eltern mit Volks- oder Hauptschulabschluss traf das nur auf 23 Prozent zu.

Fehlentwicklungen bei der Pflegereform 

Zum 1. Juli tritt das neue Pflege- und Entlastungsgesetz (PUEG) in Kraft. Von da an beträgt der erhöhte Pflegebeitragssatz einer Familie mit einem Kind 3,4 Prozent. Familien mit mehreren Kindern zahlen weniger. Wer kinderlos und älter als 22 Jahre ist, zahlt 4,0 Prozent. Der Arbeitgeberanteil beträgt künftig konstant 1,7 Prozent. Den Pflegebedürftigen in Heimen wie auch den pflegenden Angehörigen kommt der erhöhte Pflegebeitragssatz ab 01.01.2024 durch ein steigendes Leistungs- bzw. Pflegegeld zugute.
Bei den stationär Pflegebedürftigen macht dies je nach Pflegegrad und Dauer zwar etwa fünf Prozent mehr an Geld aus. Es scheint allerdings so, als sei die Berechnungsgrundlage des Bundes dafür im Jahr 2021 oder früher getroffen worden. Die Kosten der Heimunterbringung steigen fortwährend an. Die seit einem halben Jahr stark steigenden Lebenshaltungskosten betreffen alle und liegen deutlich oberhalb von fünf Prozent. Das ist auch in den privaten Haushalten spürbar, wo schließlich der überwiegende Teil der Pflege stattfindet. Gewerkschaften und Sozialverbände sprechen es bereits offen an. Es gibt einige Missstände des geplanten Gesetzes, die bestimmte Gruppen unserer Gesellschaft benachteiligen:

  • Die Mehrentlastung für Eltern gilt allein für eigene Kinder bis einschließlich 24 Jahre.
  • Rentnerinnen und Rentner mit älteren Kindern profitieren davon nicht.
  • Die Älteren, die nicht mehr arbeiten, zahlen den vollen Beitragssatz, da sich daran kein Arbeitgeber mehr beteiligt.
  • Die höheren Beiträge kommen den Pflegebedürftigen erst ab 01. Januar 2024 zugute.

Es ist damit unklar, warum Beitragszahlerinnen und Beitragszahler der AOK Nordost bereits zum 1. Juli zur Kasse gebeten werden, die Pflegebedürftigen aber erst sechs Monate später davon profitieren sollen. Die bisher geplanten Erhöhungen reichen auf Dauer für die Finanzierung von Pflegegeld und Pflegeleistungen keinesfalls aus. Zudem werden mit der Reform des Pflegegesetzes auch die Renten von pflegenden Angehörigen bezahlt. Rentenzahlungen gehören jedoch eindeutig zu den „versicherungsfremden Leistungen“, für die die Pflegekasse ursprünglich gar nicht vorgesehen war.

Mindestens in diesen Punkten bedarf es künftig dringend der Nachbesserung durch die Ampelregierung.

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