Wieder mehr junge Frauen entscheiden sich für die Pille als Verhütungsmittel

Young woman seing doctor for birth control pills

Der Anteil von Mädchen und jungen Frauen, die mit der Pille verhüten, ist im vergangenen Jahr erstmals seit zehn Jahren wieder angestiegen. Das hat eine aktuelle Analyse der Verordnungsdaten der Gesetzlichen Krankenversicherung ergeben, die dem Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) vorliegen. Der Verordnungsanteil der kombinierten oralen Kontrazeptiva lag bei den gesetzlich versicherten Mädchen und Frauen im Jahr 2020 bei 35 Prozent und stieg damit um etwa drei Prozent gegenüber dem bisherigen historischen Tiefststand von 2019 (32 Prozent). Der Anteil der risikoreicheren Präparate ist seit 2010 kontinuierlich gesunken und dieser Trend setzt sich in 2020 fort, wenn auch etwas verhaltener. 2019 betrug der Anteil der risikoreicheren Präparate an den Verordnungen 54 Prozent. Im vergangenen Jahr waren es 52 Prozent. Berlin verzeichnet dabei im Zehn-Jahres-Vergleich von 2010 bis 2020 einen besonders starken Rückgang von 72 auf 53 Prozent. In Brandenburg sank der Anteil im gleichen Zeitraum von 66 auf 55 Prozent und in Mecklenburg-Vorpommern von 67 auf 56 Prozent. Im Interview spricht Kerstin Runiewicz, Frauenärztin am Centrum für Gesundheit der AOK Nordost, über die Vor- und Nachteile der Pille als Verhütungsmittel und erklärt, warum immer nochrisikoreiche Präparate verordnet werden.  

Frau Runiewicz, die Pille ist in Deutschland immer noch das am häufigsten verwendete Verhütungsmittel. Doch es gibt kritische Stimmen. Welche Risiken und Nebenwirkungen hat die Pille?  

Kerstin Runiewicz, Gynäkologin im Centrum für Gesundheit der AOK Nordost

Die Risiken reichen von relativ harmlosen Begleiterscheinungen wie Brustspannen und Übelkeit – die meist nach zwei bis drei Monaten nachlassen – über Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme und neu auftretenden beziehungsweise sich verschlimmernden Kopfschmerz bis hin zu schwerwiegenderen Nebenwirkungen wie depressiven Verstimmungen, die auch in eine richtige Depression münden können. Eine sehr gefährliche Nebenwirkung der Pille ist die Thrombose. Je nachdem, an welchem Ort im Körper sie entsteht, kann sie im ungünstigen Fall einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine Lungenembolie auslösen. Das Problem bei der Thrombose ist auch: Wenn sie einmal da ist, kann sie nicht wieder rückgängig gemacht werden.  

Ist es angesichts der Risiken nicht verwunderlich, dass Frauen überhaupt noch zur Pille greifen?    

Die Pille kann auch positive Effekte haben. Zum Beispiel kann sie den Frauen zu einer pünktlichen und kurzen Regelblutung mit wenig Bauchschmerzen verhelfen. Auch bei Hautproblemen kann sie unterstützen. Und was man nicht vergessen darf – sie ist eine wirklich sichere Verhütungsmethode, über die die Frauen selbst bestimmen können. Nur mal zum Vergleich: Der Pearl-Index gibt an, wie viele von einhundert Frauen, die ein Jahr lang die gleiche Verhütungsmethode anwenden, in diesem Zeitraum schwanger werden. Bei der Pille sind es 0,1 bis 0,9, bei der Spirale 0,3 bis 0,8 und beim Kondom 2 bis 12. Die Spirale ist damit eine echte Alternative zur Pille, hat aber auch ihre Risiken.   

Die WIdO-Zahlen zeigen zwar einen Rückgang bei der Verordnung risikoreicher Präparate, aber verordnet werden sie immer noch. Warum?  

Es sind unter anderem Pillen, die besonders gut bei Hautproblemen wirken. Wir bekommen oft auch von den Hautärzten Patientinnen geschickt. Dabei reden wir nicht von dem einen oder anderen Pickelchen oder einer unreinen Haut, sondern von schlimmer Akne, die die Lebensqualität der Betroffenen enorm einschränkt. Bevor aber ein entsprechendes Präparat verordnet wird, erfolgt eine ausführliche Anamnese der jungen Frau und ihrer Familie. Diese muss ein möglichst geringes Thromboserisiko ergeben. Und natürlich muss die Patientin ausführlich aufgeklärt werden.   

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