Die Angebote der sozialen Pflegeversicherung

Grundsätzlich bedeutet die Pflegebedürftigkeit für die Betroffenen selbst, aber auch für ihre Angehörigen, für den Freundes- und Bekanntenkreis eine große physische, psychische und finanzielle Belastung. Darüber hinaus gibt es in den Familien im Vergleich zu früher weniger Kinder, die meistens berufstätig sind oder gar nicht im selben Ort leben und deshalb nur wenig oder gar keine Zeit haben, sich intensiv um ihre pflegebedürftigen Eltern zu kümmern. Deshalb gibt es für Pflegebedürftige und deren Angehörige beziehungsweise das befreundete Umfeld unterschiedliche Hilfsangebote.

Pflegegeld oder Sachleistungen

In Deutschland waren Ende 2021 insgesamt fast 5 Millionen Menschen pflegebedürftig und haben damit Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten (Quelle: Statistisches Bundesamt). Dabei können die Betroffenen selbst entscheiden, wie sie gepflegt werden möchten und von wem. Für die Pflege durch Angehörige oder Bekannte erhalten sie ein Pflegegeld. Kümmert sich ein professioneller Pflegedienst um die Person, dann erhält diese dafür Pflegesachleistungen. Auch eine Kombination aus beiden Leistungen ist möglich.

Der Pflegegrad ist entscheidend

Die Leistungen der Pflegeversicherung richten sich nach dem Pflegegrad, den der oder die Pflegebedürftige erhält. Der individuelle Pflegegrad wird durch eine Pflegebegutachtung bestimmt. Je höher der Pflegegrad, desto mehr Geld- oder Sachleistungen übernimmt die Pflegekasse.

Um einen Pflegegrad zu erhalten, müssen zunächst Pflegeleistungen beantragt werden. Den Antrag stellt die pflegebedürftige oder eine bevollmächtigte Person bei der Pflegekasse unter dem Dach der Krankenkasse, bei der die pflegebedürftige Person krankenversichert ist. Je früher desto besser: Das Datum des Antrags auf Pflegeleistungen ist entscheidend für die spätere Berechnung des Beginns der Leistungen.

Die Pflegekasse

Ist der Antrag bei der Pflegekasse eingetroffen, beauftragt diese den Medizinischen Dienst, bei einem Besuch vor Ort die Pflegebedürftigkeit einzuschätzen. Diese Begutachtung erfolgt durch ein bundesweit standardisiertes Verfahren, damit alle Antragstellerinnen und Antragsteller gleichbehandelt werden. Bei dem Besuch ermittelt der Gutachter oder die Gutachterin nicht etwa die Schwere der Behinderung oder Erkrankung. Vielmehr wird festgestellt, wie selbstständig der oder die Pflegebedürftige noch ist, welche Fähigkeiten noch vorhanden sind und wie viel personelle Unterstützung im Alltag notwendig ist. Hier gibt es weitere Informationen zum Besuch des Medizinischen Dienstes und den einzelnen Pflegegraden

Der Medizinische Dienst

Bei dem Besuchstermin sollte eine Vertrauensperson des oder der Pflegebedürftigen anwesend sein. Darüber hinaus hilft der Gutachterin oder dem Gutachter beim Erstellen des Gutachtens, wenn folgende Informationen bereits vorliegen:

  • ein Medikationsplan und eine vollständige Liste der Hilfsmittel, die täglich benötigt werden
  • vorhandene Arzt- und Krankenhausberichte der vergangenen Monate
  • falls bereits ein Pflegedienst engagiert ist, dessen Pflegedokumentation.

Wenn bereits regelmäßig eine Pflegeperson vorbeikommt, sollte auch diese beim Besuch der Gutachterin oder des Gutachters dabei sein. Nach diesem Termin erstellt der Medizinische Dienst ein Gutachten. Auf dessen Grundlage wiederum stellt die Pflegekasse dann den individuellen Pflegegrad fest. Das Gutachten und den Leistungsbescheid schickt die Pflegekasse an die pflegebedürftige Person.

Letztlich finanziert die Pflegeversicherung grundlegende Pflege- und Betreuungsleistungen von Angehörigen, Betreuungskräften und professionellen Pflegekräften. Mit den Pflegeleistungen soll die Pflege und Betreuung der Betroffenen erleichtert sowie ihre Selbstständigkeit und Lebensqualität gefördert werden.

Ambulante Pflege zu Hause

Die ambulante Pflege ermöglicht es einer pflegebedürftigen Person, weiterhin im eigenen Zuhause zu leben und in ihrem gewohnten Umfeld betreut zu werden.

Wird die Pflege ausschließlich durch Angehörige oder Bekannte erbracht, zahlt die Pflegekasse ein monatliches Pflegegeld. Damit kann die pflegebedürftige Person ihren Pflegenden für die erbrachten Pflegeleistungen eine finanzielle Anerkennung zukommen lassen. Neben der Hilfe durch An- oder Zugehörige ist der Einsatz eines Pflegedienstes ganz oder teilweise möglich.

Pflegedienste unterstützen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Leistungen und entlasten dabei Angehörige des Pflegebedürftigen.

Der ambulante Pflegedienst hilft den Pflegebedürftigen sowie An- und Zugehörigen bei der Pflege zu Hause. Er bietet Hilfe bei der Organisation und Betreuung des Alltags und entlastet dabei zum Beispiel auch Berufstätige. Das Angebot des Pflegedienstes kann individuell in Anspruch genommen werden und umfasst Leistungen wie körpernahe Pflege, die Begleitung bei Spaziergängen oder auch Hilfe bei der Haushaltsführung.

 

Entlastung für pflegende Angehörige oder Bekannte

Pflegende stehen oft vor der Herausforderung, die Pflege mit ihrem Berufsleben vereinbaren zu müssen. Mit der Verhinderungspflege, der Kurzzeitpflege, der Tagespflege, der Nachtpflege und dem Entlastungsbetrag bietet die AOK-Pflegekasse wertvolle Leistungen an, die pflegende Angehörige oder Bekannte zeitweise entlasten. Dadurch ist eine bessere Vereinbarkeit von Pflege, Beruf und auch Freizeit möglich.

Familiencoach Pflege

Angehörige zu pflegen, das kann sehr anstrengend sein – auch für die Seele. Das Online-Selbsthilfe-Programm kann dabei helfen, die Psyche der Pflegenden zu stärken und sich vor Überlastung zu schützen. Anhand von Tipps, interaktiven Übungen, Videos und Audios lernen die pflegenden Angehörigen, wie sie mit den seelischen Herausforderungen umgehen können. Das Online-Programm beinhaltet keine persönliche Beratung.

PfiFf – Pflege in Familien fördern

Pflegende Angehörige oder Bekannte finden in unserem Programm PfiFf praktische Unterstützung für die Pflege zu Hause. Das Programm bietet unter anderem auf der Internetseite hilfreiche Videos und eine Suche speziell nach Pflegekursen. Diese werden in Zusammenarbeit mit Kliniken in der Region angeboten.

Verhinderungspflege

Sind pflegende Angehörige oder Bekannte zum Beispiel wegen eines geplanten Urlaubs oder aufgrund einer Krankheit zeitweise nicht in der Lage, die pflegebedürftige Person zu Hause pflegerisch zu versorgen und zu betreuen, kann die Verhinderungspflege greifen. Für die Zeit der Abwesenheit oder Krankheit der pflegenden Person kann dann ein ambulanter Pflegedienst die Pflege übernehmen. Alternativ können auch andere Personen einspringen.

Kurzzeitpflege

Für einen kurzen Zeitraum können Pflegebedürftige auch in einem Pflegeheim versorgt werden. Das kommt zum Beispiel infrage, wenn sich der Gesundheitszustand der oder des Pflegebedürftigen plötzlich verschlechtert, die Wohnung umgebaut wird oder die pflegenden An- und Zugehörigen verreisen. Bis zu acht Wochen im Jahr können Pflegebedürftige die vollstationäre Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen.

Tagespflege und Nachtpflege

Viele Pflegeeinrichtungen betreuen pflegebedürftige Menschen entweder am Tag oder auch in der Nacht. Die Tages- oder Nachtpflege sind teilstationäre Angebote, die mit der häuslichen Pflege kombinierbar sind. Das soll pflegende Angehörige oder Bekannte unterstützen, weiterhin berufstätig zu bleiben und die Pflege mit dem eigenen Leben besser zu vereinbaren sowie sich selbst vor Überlastung zu schützen.

Entlastungsbetrag

Pflegebedürftige können für ergänzende Angebote wie eine anerkannte Alltagsbegleitung oder einen ambulanten Pflegedienst einen monatlichen Entlastungsbetrag nutzen. Diesen Entlastungsbetrag zahlt die Pflegekasse zusätzlich zu den sonstigen Pflegeleistungen bei häuslicher Pflege, soweit die Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden. Wenn Pflegebedürftige den Entlastungsbetrag in Höhe von derzeit (Juli 2023) 125 Euro monatlich in einem Monat nicht aufbrauchen, kann der Betrag in den Monaten bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres eingesetzt werden.

Stationäre Pflege im Pflegeheim

Wenn die Pflege zu Hause nicht möglich ist, dann ist die professionelle Betreuung und Versorgung in einer stationären Pflegeeinrichtung die Alternative. Bei einem längerfristigen Aufenthalt in einem Pflegeheim übernimmt die Pflegekasse einen Teil der Kosten, sogenannte Leistungen für die vollstationäre Pflege. Diese werden von der Pflegekasse direkt mit der Unterkunft abgerechnet.

Zusätzlich zu diesen Leistungen erhalten Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 einen Zuschlag zum pflegebedingten Eigenanteil. Dieser pflegebedingte Eigenanteil wird auch Einrichtungseinheitlicher Eigenanteil (EEE) genannt. Der Zuschlag steigt mit der Dauer der Pflege in der Einrichtung. Auch die Abrechnung des Zuschlags erfolgt direkt zwischen der Einrichtung und der Pflegekasse. Der oder die Pflegebedürftige erhält dann von der Pflegeeinrichtung eine Rechnung über den verbleibenden Eigenanteil. Dieser setzt sich unter anderem zusammen aus Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie aus Zusatzleistungen wie der Reparatur des privaten Fernsehers. Auch mögliche Investitionskosten, etwa für die Instandhaltung oder Modernisierung der Räume, können den Pflegebedürftigen von der Einrichtung in Rechnung gestellt werden.

Soziale Pflegeversicherung

Grundsätzlich soll die soziale Pflegeversicherung die Belastungen und finanziellen Risiken der Pflegebedürftigkeit für Betroffene und deren An- und Zugehörige abfedern. Alle gesetzlich Krankenversicherten sind automatisch in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Privat Krankenversicherte müssen ihre eigene, private Pflegeversicherung abschließen. Träger der sozialen Pflegeversicherung sind die Pflegekassen. Sie sind jeweils unter dem Dach der entsprechenden Krankenkassen angesiedelt. Wie in der gesetzlichen Krankenversicherung sind Ehegatten und Ehegattinnen, Lebenspartner und Lebenspartnerinnen sowie Kinder von Mitgliedern ohne eigenes Einkommen in der sozialen Pflegeversicherung beitragsfrei mitversichert.

Pflegeberatung

Bei allen Fragen rund um das Thema Pflege informiert, berät und unterstützt die AOK Pflegeberatung. AOK-Versicherte, die einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung stellen oder bereits Pflegeleistungen erhalten, haben einen Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch eine Pflegeberaterin oder einen Pflegeberater. Auch pflegende An- und Zugehörige oder andere Personen können die Pflegeberatung in Anspruch nehmen, wenn der oder die Pflegebedürftige dem zustimmt. Speziell ausgebildete Kinderpflegeberaterinnen und Kinderpflegeberater unterstützen Familien mit pflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen. So bleiben betroffene Familien auch in schwierigen Zeiten nicht allein.

Pflegestützpunkte

Unabhängig von der jeweiligen Krankenversicherung wird in den Pflegestützpunkten zu allen Themen rund um Pflege für Pflegebedürftige sowie pflegende An- und Zugehörige beraten.  Die persönliche Beratung kann telefonisch, im Pflegestützpunkt selbst oder als Hausbesuch durchgeführt werden. Die Pflegestützpunkte helfen insbesondere mit ihrem regionalen Netzwerk. Sie kennen die Pflegedienste, niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote sowie die ehrenamtlichen Strukturen vor Ort. Den passenden Pflegestützpunkt in der Region finden Pflegebedürftige und pflegende An- und Zugehörige auf diesen Seiten:

Häusliche Krankenpflege

Unabhängig von den Leistungen der Pflegeversicherung, kann ein Arzt oder eine Ärztin häusliche Krankenpflege verordnen. Hierbei handelt es sich um eine Leistung der Krankenversicherung. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht, solange sie medizinisch notwendig ist. Die Leistungen der medizinischen Behandlungspflege wie zum Beispiel Verbandwechsel, Injektionen oder die Gabe von Medikamenten erbringen ambulante Pflegedienste. Die Kosten hierfür trägt ebenfalls die Krankenkasse.

Außerklinische Intensivpflege

Eine besondere Form der häuslichen Krankenpflege gibt es für schwerstkranke Menschen, die beispielsweise beatmet werden müssen. Sie können auch außerhalb einer Klinik medizinisch pflegerisch betreut werden. Weil bei diesen Versicherten jederzeit lebensbedrohliche Situationen auftreten können, benötigen sie eine umfangreiche medizinisch pflegerische Versorgung. Diese bekommen sie mit der sogenannten außerklinischen Intensivpflege. Die Versorgung findet im eigenen Zuhause, in speziellen Wohngemeinschaften oder im Pflegeheim statt und wird von besonders qualifizierten Pflegefachkräften durchgeführt. Zudem ist die medizinisch pflegerische Betreuung auch an weiteren geeigneten Orten möglich, insbesondere in Schulen, in Kindertagesstätten und in Werkstätten für behinderte Menschen.

 

 

Leave a reply:

Your email address will not be published.